Kaum ein anderes Thema treibt Nordrhein-Westfalen so um wie der Strukturwandel. NRW ist mit fast 18 Millionen Einwohner:innen das bevölkerungsreichste und am dichtesten besiedelte Bundesland. Die Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen ist entsprechend enorm: Bis zu 60 Millionen Nutzer im Radius von 250 Kilometern im und um das Rheinische Revier fragen bereits verstärkt Dateninfrastrukturen nach. Um den Strukturwandel zu beschleunigen und die Region als führende Digitalregion zu etablieren, prüfen der Rhein-Kreis Neuss und der Rhein-Erft-Kreis daher in einer Studie die Umsetzung von Digitalsparks. Der „Masterplan Digitalparks“, den das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer zusammen mit NMWP Management GmbH aus Düsseldorf erstellt hat, zeigt Maßnahmen und Potenziale für die Entwicklung solch einer Digitalregion auf. Mit Digitalparks könnten in beiden Kreisen jeweils bis zu 2500 neue Arbeitsplätze entstehen. Im nächsten Schritt geht es jetzt darum, die richtigen Flächenareale in den Kreisen ausfindig zu machen und in die Projektumsetzung zu gehen.
„Die Digitalparks, die wir uns für die Kreise Rhein-Erft und Neuss vorstellen, gibt es in ihren Funktionen bisher in Deutschland noch nicht: Aufgrund der besonderen Lage – hier kreuzen sich zwei überregionale Datentrassen – konzentrieren wir uns bei der Entwicklung auf Digitalparks, die von der direkten Nähe zu einem Hyperscale-Rechenzentrum und einem Datendrehkreuz profitieren“, erklärt Frank Schnitzler aus dem Projektteam von Drees & Sommer das Vorgehen. Hintergrund ist, dass besonders der Rhein-Kreis Neuss und der Rhein-Erft-Kreis die idealen Voraussetzungen zur Entwicklung einer Digitalregion mit internationaler Strahlkraft mitbringen. Das wurde beiden Kreisen im Rahmen einer vom NRW-Wirtschaftsministerium beauftragten Machbarkeitsstudie zu digitalen Infrastrukturen im Rheinischen Revier bereits 2021 attestiert. Die herausragenden Standortvorteile liegen unter anderem darin begründet, dass sich die beiden großen überregionalen Datenautobahnen Amsterdam-Frankfurt und Paris-Stockholm hier kreuzen. Im digitalen Zeitalter bieten solche Kreuzungen, ähnlich wie früher Siedlungen an wichtigen Handelsrouten, hervorragende Möglichkeiten zur Standortentwicklung. Hinzu kommt die zumeist bereits vorhandene Infrastruktur zur Energieversorgung.
Digitalparks als Zentren der Vernetzung
„Mit Blick auf den Strukturwandel bieten Digitalparks eine große Chancen für die regionale Wirtschaftsentwicklung“, betonte Hans-Jürgen Petrauschke, Landrat des Rhein-Kreises Neuss bei der Ergebnispräsentation des Masterplans Digitalparks im August 2023. Sein Amtskollege aus dem Rhein-Erft-Kreis, Frank Rock, ergänzte: „Für die Transformation brauchen wir innovative und nachhaltige Wertschöpfungsansätze, die zu zukunftsorientierten Arbeits- und Ausbildungsplätzen führen werden. Die Digitalparks verstehen sich dabei als Zentren der Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Menschen“. Beide wiesen darauf hin, wie wichtig die Errichtung der Digitalparks in Verbindung mit einem Hyperscale-Rechenzentrums und einem Datendrehkreuz sei. Das Hyperscale-Rechenzentrum dient dabei zur Speicherung und Verarbeitung von Daten und das Datendrehkreuz liefert durch seine umfangreiche Datenverteilung die infrastrukturelle Grundlage dafür. Dem Digitalpark kommt die Aufgabe zu, durch diese und weitere Standortvorteile wie Vernetzung, zukunftsfähige Mobilitätskonzepte und auf den Nutzerbedarf abgestimmte Arbeits- und Wohnkonzepte Firmen anzusiedeln, die von einer schnellen IT-Verbindung profitieren.
Digitalparks sind mehr als bloße Datenspeicher
Vor diesem Hintergrund untersuchte das Projektteam von Drees & Sommer und NMWP für die beiden Kreise, welche Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Entwicklung der Digitalparks von zentraler Bedeutung sind. Im Fokus des über 180-seitigen Berichts, der vom Land NRW gefördert wurde, stehen neue, innovative und vor allem nachhaltige Wertschöpfungsansätze, die zu zukunftsorientieren Arbeits- und Ausbildungsplätzen führen sollen. Die Studienersteller erarbeiteten unterschiedliche thematische Ansätze für eine Spezialisierung der beiden Digitalparks. Sie entwickelten Themencluster, welche die Grundlage für die Ansiedlung von Unternehmen bilden. Die Ausgestaltung der Flächenstrukturen erfolgt durch eine Kombination der Themencluster und der Nutzungsbausteine in Verbindung mit den prognostizierten Flächenbedarfen in einem idealisierten Flächenmodell. Im Masterplan wird bewusst auf eine explizite Benennung eines konkreten Standorts zur Entwicklung von Digitalparks verzichtet. „Stattdessen haben wir unterschiedliche Fokusräume in der Region auf ihre Potenziale für solche Ansiedlungen hin analysiert und in Steckbriefen die Standorteigenschaften dokumentiert. So haben wir eine Grundlage für das weitere Vorgehen zur kurzfristigen Entwicklung von Digitalparks in den beiden Kreisen geschaffen“, erklärt Martin Altmann aus dem Projektteam von Drees & Sommer. Zugleich sollen die Digitalparks mit vielfältigen Maßnahmen zu Vorzeigeprojekten im Bereich Nachhaltigkeit werden.
„Wichtig ist uns mit dem Masterplan aufzuzeigen, dass Digitalparks viel mehr als Datenspeicher mit angrenzenden Büros sind. Wir müssen sie als regionale, integrierte und vor allem als nachhaltige Quartiersentwicklungen verstehen“, so Frank Schnitzler. Das Ökosystem Digitalpark bietet viel mehr als nur das beste Umfeld für Unternehmen und Start-ups: Kurze Wege, ein hohes Maß an Dienstleitungen, Orte der Vernetzung und der Kommunikation sind ebenso angedacht wie grüne Flächen, nachhaltige Energiekonzepte und der dringend benötigte Wohnraum – Digitalparks werden so zu Räumen, wo sich Innovationen, Gemeinschaft und Technologie verbinden.
Die Entwicklung der Digitalparks sind eine große Chance, um Wohlstand und Lebensqualität der nächsten Generationen im Rheinischen Revier zu sichern. In die Umsetzung wollen die Kreise zeitnah gehen. Bis Mitte 2025 folgen Detailstudien und weitere Standortprüfungen sowie die Businessplanung. Bis Ende 2027 müssen Themen wie Planungsrecht, Finanzierung, Management und Wettbewerbe für die Digitalparks geklärt sein, bevor ab 2028 der Bau starten kann.
Den kompletten Bericht finden Sie unter folgendem Link: Masterplan Digitalparks im Rhein-Kreis Neuss und Rhein-Erft-Kreis