mcbw pop up 2024

Feierabend? Kann warten. Auf geht’s in eine neue Runde.

Erst folgt der Abriss, dann kommt der Neubau. Was radikal klingt, ist gängige Praxis. Und das in einer Zeit, in der Rohstoffe knapp sind und Emissionen steigen.

Hat ein Baustoff nach seiner ursprünglichen Nutzung Feierabend?

Die Circular Economy verfolgt einen anderen Ansatz. Sie denkt in Kreisläufen: Produkte und Materialien zirkulieren nach ihrer Nutzung weiter. Sie werden wiederverwertet, umgenutzt und in biologische und technische „Kreisläufe“ zurückgeführt. Zum Vorteil für alle Beteiligten.

Feierabendziegel – eine Inszenierung im öffentlichen Raum

Anlässlich der munich creative business week 2024 präsentiert die Installation „Feierabendziegel“ das Thema Kreislaufwirtschaft eine Woche lang im öffentlichen Raum: mit einer Inszenierung aus zurückgebauten Biberschwanzziegeln, die für neue Bauprojekte und als kleine Kunstwerke an die Besucher:innen verschenkt und somit in den Kreislauf zurückgeführt werden. Bis hin zum leeren Container.

Materialretter

Die gebrauchten Tonziegel für die skulpturale Installation stellt die Münchner Wohnen zur Verfügung. Sie stammen aus dem Abbau einer Biberschwanzdeckung im Stadtteil Ramersdorf und stehen beispielhaft für die CradletoCradle-Strategie der Wohnungsbaugesellschaft.

Mit dem Rückbau von Bestandsgebäuden hat sich die Münchner Wohnen zum Ziel gesetzt, vorhandene Ressourcen effizient zu nutzen und Nachhaltigkeit im Wohnungsbau zu fördern.

Cradle to Cradle® – Grundlage der Circular Economy

Beim Cradle to Cradle-Prinzip zirkulieren Materialien in zwei Kreisläufen:

  • Verbrauchsprodukte sind organisch abbaubar und gehen in den biologischen Kreislauf ein.
  • Gebrauchsprodukte werden nach ihrer Nutzung in sortenreine Ausgangsstoffe zerlegt und einem technischen Kreislauf zugeführt.

Die stoffliche Güte bleibt erhalten. Es gibt kein Downcycling mit Qualitätsverlust. Alle Inhaltsstoffe sind chemisch unbedenklich und kreislauffähig. Müll im heutigen Sinne gibt es nicht mehr, sondern nur noch nutzbare Nährstoffe.

Von Cradle to Cradle (C2C) profitieren alle Beteiligten: Für Bauherren und Investoren steigt unter anderem der Verkehrswert ihrer Immobilien, während die Rückbaukosten entfallen. Nutzer:innen erhalten gesundheitlich unbedenkliche Gebäude. Für Hersteller und Lieferanten ergeben sich durch Cradle to Cradle neue Geschäftsmodelle.

Warum Feierabendziegel?

Der Feierabendziegel ist der Fachbegriff für dekorierte Biberschwanzziegel, die zu besonderen Gelegenheiten in die Dachdeckung integriert wurden. Als Glücksbringer, anlässlich des Richtfests – oder zum namensgebenden Feierabend, um das vollbrachte Tagwerk zu dokumentieren.​ Die Tradition, Ziegel mit Inschriften, Zeichnungen und Symbolen zu verzieren, lässt sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen.

Dem Feierabendziegel kommt im Rahmen der Pop-up-Ausstellung eine zweifache Bedeutung zu: Mit der Möglichkeit, dass Besucher:innen die Biberschwanzziegel veredeln und als Kunstwerke mit nach Hause nehmen können, knüpft die Inszenierung einerseits an die Tradition des Handwerks an. Andererseits wirft die Installation die Frage auf, ob ein Baustoff nach seiner ursprünglichen Nutzung wirklich Feierabend hat – oder ob es Potenzial für ein zweites Leben gibt.

Urban Mining – Rohstoffabbau in der Stadt

Nach dem Prinzip des Urban Mining liegt die Antwort auf der Hand: Die enormen Materialbestände in Gebäuden, Infrastruktur und langlebigen Gütern bedeuten eine wichtige zukünftige Quelle für Sekundärrohstoffe. Statt Produkte und Materialien nach ihrer Nutzung als Abfall zu deklarieren, basiert Urban Mining auf der Idee, so viele Rohstoffe wie möglich wiederzuverwenden. Der digitale Materialpass als Dokumentation über alle relevanten Details von Gebäudeelementen bildet dabei die Grundlage für das urbane Re-Use-Konzept.

Vorteile von Urban Mining

Was ist mit den Mehrkosten, die die Wiederverwendung des Bestands verursacht? Dieses Argument führt häufig dazu, dass alte Gebäude abgerissen werden und die verwendeten Stoffe als Abfall enden. Dabei sprechen viele Vorteile für die Bewahrung des Vorhandenen: bessere Nutzung von Ressourcen und Schonung von Primärrohstoffen, weniger Emissionen, weniger Abfall sowie der Erhalt von ökonomischen und historischen Werten.

„Bauen im Bestand bedeutet respektvoll mit vorhandenen Baustoffen und mit der Geschichte von Gebäuden umzugehen. Es spart Ressourcen und Energie. Alles gute Gründe, um Mehraufwände in Kauf zu nehmen."

 


Cornelia Seemann, EPEA Consultant

Als Innovationspartner für Cradle-to-Cradle-Lösungen hat die EPEA GmbH die Biberschwanzziegel aus Ramersdorf als kreislauffähiges Material identifiziert. Die Dachziegel stehen stellvertretend für das Potenzial und die Möglichkeiten von Urban Mining. Zwar besteht der abgebaute Baustoff aus natürlichem Ton, jedoch kann er durch den Brennvorgang nicht mehr in seine Ursprungsform zurückgeführt werden. Re-Use lautet hier die Lösung: mit dem gleichen Nutzungszweck in anderen Bauprojekten oder umgenutzt als individueller Feierabendziegel mit Geschichte.

„Wir sehen die Biberschwanzziegel in unserer Installation als Symbol und Vorboten für das, was mit Urban Mining und C2C alles möglich ist – und sind überzeugt, dass die Kreislaufführung von Baustoffen einen entscheidenden Beitrag zum nachhaltigen Wohnungsbau darstellt.“

 


Alexander Strub, Creative Director

Ausgabezeiten:

Sonntag 12.05. bis Sonntag 19.05. jeweils zwischen 16 und 21 Uhr. 
Mittwoch Ruhetag. Bei Regen geschlossen. 

Außerhalb der Öffnungszeiten mit Ziegelausgabe kann die Installation im gläsernen Container rund um die Uhr besichtigt werden.

Ort: Vor den Propyläen, Königsplatz Luisenstraße 31, 80331 München


Projektbeteiligte

Die Installation „Feierabendziegel“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von EPEA, Münchner Wohnen und den Expertinnen und Experten des Brand-Experience-Teams von Drees & Sommer.

Brand Experience bei Drees & Sommer

Hinter Brand Experience steht ein interdisziplinäres Team mit den Schwerpunkten Kommunikation, Architektur, Interior Design, Produktentwicklung und Nachhaltigkeit. Wir gestalten starke Orte, die Identität stiften, Geschichten erzählen und Orientierung geben. Wir stellen den Menschen und die persönliche Begegnung in den Mittelpunkt. Und denken Flexibilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gleichberechtigt mit. Als Teil von Drees & Sommer können wir alle weitergehenden Kompetenzen eines Projekts aus einer Hand anbieten. Immer mit dem Ziel, Orte in unvergessliche Erfahrungen zu verwandeln.

 

Haltung und Gestaltungsansatz

Welche Orte hinterlassen einen bleibenden Eindruck? Die Räume und Plätze, an denen wir eine Geschichte erleben. Weil ihnen eine Idee zugrunde liegt, die sie unverwechselbar macht. Wir sind der Überzeugung, dass dazu nicht nur die Funktionen erfüllt sein müssen, sondern auch die emotionale Wirkung mitgedacht und gestaltet sein will. Denn die Umgebung, in der wir uns aufhalten, hat entscheidenden Einfluss auf unser Wohlbefinden.

CONNECTING IDEAS WITH SPACES
CONNECTING PEOPLE IN SPACES
CREATING GREAT PLACES

Pop-up-Installation „Feierabendziegel“

Unser Konzept für die Inszenierung „Feierabendziegel“ zielt darauf ab, den öffentlichen Diskurs zum Thema Circular Economy anzuregen und Besuchende durch Partizipation selbst zu Ziegelretter:innen zu machen. Die abgebauten Biberschwanzziegel im gläsernen Container stehen dabei sinnbildlich für das Potenzial von C2C und Urban Mining, für den ökonomischen und historischen Wert gebrauchter Bauteile und für unsere Überzeugung, dass Gegenstände und Materialien nach ihrer ursprünglichen Nutzung ein zweites Leben verdient haben.

Mehr Informationen: Brand Experience | Drees & Sommer

EPEA

Die EPEA GmbH, gegründet 1987 in Hamburg durch Prof. Dr. Michael Braungart, ist internationaler Innovationspartner für umweltverträgliche Produkte, Prozesse, Gebäude und Stadtquartiere. Wir etablieren Cradle to Cradle® als Methode für die Circular Economy in allen Industriebranchen sowie in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Damit unterstützen wir Unternehmen und die Öffentliche Hand: von der molekularen bis zur modularen Ebene, von der Chemikalie bis hin zur Stadt.

Mehr Informationen: EPEA – Part of Drees & Sommer

Münchner Wohnen

Die Münchner Wohnen ist die Wohnungsbaugesellschaft der Landeshauptstadt München. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Wohn- und Lebensqualität der Kund:innen. Jede:r zehnte Münchner:in lebt zu bezahlbaren Mieten in einer der etwa 70.000 Wohnungen. Die Münchner Wohnen ist so vielfältig wie unsere Stadt: Mehr als 1.100 Kolleg:innen planen, bauen und sanieren nachhaltig Wohnraum, verwalten und pflegen Häuser, Quartiere und Grünflächen oder sind im Kundenservice und Sozialdienst für alle ihre Mietenden da.

 

Kreislaufwirtschaft und Urban Mining

In der Bau- und Immobilienwirtschaft werden rund 50 Prozent aller Rohstoffe eingesetzt und gleichzeitig 60 Prozent der bundesweiten Abfälle produziert. Ein Übergang zum kreislauffähigen Bauen bietet daher ein hohes Potenzial, Umweltwirkungen in allen Bereichen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen. Das ist der Antrieb für die Münchner Wohnen, den Wandel im eigenen Unternehmen sowohl auf strategischer Ebene, als auch praktisch durch Pilotprojekte voranzutreiben. Im Rahmen der mcbw steht ein wichtiges Handlungsfeld im Mittelpunkt: die Förderung des Urban Mining. Ausgehend von einer ganzheitlichen Lebenszyklusbetrachtung schließt sich an die Nutzungsphase eines Gebäudes dessen Rückbauphase an. Dabei geht es insbesondere darum, Bauteile wiederzuverwenden.

Pilotprojekte in Ramersdorf und Moosach

Um Urban Mining in der Praxis voranzutreiben, hat die Münchner Wohnen zwei zum Abbruch vorgesehene Liegenschaften in Ramersdorf und in Moosach als Pilotprojekte ausgewählt und die wiederverwendbaren Bauteile der Bestandsgebäude in einem Bauteilkatalog erfasst. Eine Materialbörse vermittelt Dachziegel, Türen, Fenster, aber auch Handläufe und Teile einer Fußbodenkonstruktion an Privatpersonen, Architekturbüros und Hersteller:innen. So finden die Baumaterialien Einsatz in neuen Projekten und werden wieder zum Leben erweckt. Ein Teil der Dachziegel ist im Pop-up-Container zu sehen und geht von dort aus in eine neue Runde.

Darüber hinaus prüft die Münchner Wohnen die Möglichkeit, alte Mülleinhausungen aus Stahlbeton umzunutzen. Nach einem partizipativen Bauprojekt mit den Bewohner:innen sollen diese aufgewertet und zusammen in einem Bestandsquartier aufgestellt werden. Als mögliche Nutzungsideen stehen momentan ein Treffpunkt, eine Fahrradwerkstatt oder eine Fahrradüberdachung im Raum.

Richtungsweiser für die Zukunft

Die Münchner Wohnen setzt die Themen Kreislaufwirtschaft und Urban Mining auf verschiedenen Ebenen um. Die Initiative steht erst am Anfang und die Erkenntnisse aus den ersten Pilotprojekten werden dazu beitragen, die Planungs- und Bauprozesse anzupassen und den Prinzipien des kreislauffähigen Bauens zukünftig mehr Gewicht zu verleihen.

Übrigens: Auf der Website der Münchner Wohnen und in den sozialen Medien gibt es aktuelle Infos, wann die nächsten Bauteile verfügbar sind und neue Besitzer:innen suchen!

Mehr Informationen: Damit München eine Stadt für alle bleibt - Münchner Wohnen

Klarwein

Der Tätigkeitsschwerpunkt der Gebr. Klarwein GmbH liegt in der Herstellung von Baugruben. Dazu gehören Schadstoffsanierung, Rückbau und Demontage, sowie Erdbau oftmals in Verbindung mit Spezialtiefbau. Die Wiedernutzbarmachung von vorhandenen Ressourcen ist ein Hauptanliegen der Firma Klarwein. Ziel ist dabei das Upcycling von vorhandenen Stoffströmen. Für die Inszenierung „Feierabendziegel“ wurde das Material durch die Gbr. Klarwein GmbH demontiert und angeliefert.

Mehr Informationen: Gebr. Klarwein GmbH – Kiesbetrieb. Abbruch & Recyling. Erdarbeiten.