"INDUSTRIEN UND STÄDTE TRAGEN AUFGRUND IHRER HOHEN EMISSIONEN MAßGEBLICH ZUR KLIMAKRISE BEI. HIER MÜSSEN GANZ DRINGEND INNOVATIVE LÖSUNGEN HER."
Interview mit Anna Jasper-Martens, CEO Energy Infrastructure Solutions Germany
Anna Jasper-Martens ist seit dem 1. April 2023 CEO EON Energy Infrastructure Solutions Germany. Davor war sie viele Jahre bei Vattenfall in verschiedenen Rollen verantwortlich u.a. für Asset Management im Onshore Wind Bereich, Energiedienstleistungen und City Partnerships. Die ausgebildete Juristin ist seit 1999 in der Energiewirtschaft und hat sich in ihren verschiedenen Rollen immer für die Dekarbonisierung durch den Aufbau und die Optimierung von Erneuerbaren Energieerzeugung und die Entwicklung von Produkten und Lösungen eingesetzt.
Drees & Sommer (D&S): Vor welchen Herausforderungen stehen Städte und Industrien im Zusammenhang mit der Energiewende?
Anna Jasper-Martens: Industrien und Städte tragen aufgrund ihrer hohen Emissionen maßgeblich zur Klimakrise bei. Hier müssen ganz dringend innovative Lösungen her. Treibhausgasemissionen lassen sich jedoch langfristig nicht allein dadurch vermeiden, die Art der Energieerzeugung zu verändern. Stattdessen sind neue, kreative Ansätze zur Wiederverwendung von Energie gefragt. Für eine erfolgreiche Energiewende müssen wir eine Infrastruktur schaffen, die Wärme, Strom, Kälte und Mobilität intelligent vernetzt.
D&S: Warum ist die Energiewende vor allem eine Wärmewende?
Anna Jasper-Martens: Allein Prozesswärme macht in Deutschland 40 % des Energieverbrauchs in Industrie und Gewerbe aus. Zusätzlich geht etwa die Hälfte der industriell eingesetzten Wärme ungenutzt als Abwärme verloren. Und schon heute sind Gebäude in Europa für 40 % des Energieverbrauchs sowie 36 % der CO2-Emissionen verantwortlich. Daher muss der Fokus sowohl in der Industrie als auch in den Städten vor allem auf einer sinnvollen und effizienten Weiterverwendung dieser ungenutzten Abwärme liegen.
D&S: Welche Ansätze verfolgt E.ON mit seinen Energy Infrastructure Solutions?
Anna Jasper-Martens: Als Change Agent für eine nachhaltige Energiewende unterstützen wir bei E.ON Energy Infrastructure Solutions Industrien und Städte ganzheitlich bei ihren Bestrebungen zur Dekarbonisierung. Dabei beraten wir unsere Kunden bedarfsgerecht zu einem optimalen Mix grüner Technologien – egal ob es um Wärme, Kälte, Stromerzeugung oder Energieeffizienz geht. Ziel ist es, durch innovative Systemlösungen nachhaltige Technologien mit einer smarten Infrastruktur zu kombinieren. Und all dies unter der Devise, Energie mehr als einmal zu nutzen, denn hierfür gibt es ein gigantisches Potenzial. Dabei profitieren wir von unserer Erfahrung aus mehr als 2.000 dezentralen Anlagen – von Kraft-Wärme-Kopplung über Geothermie bis zu Wärmepumpen und LowEx-Netzen.
D&S: Was fordern Sie vonseiten der Politik, um optimale Rahmenbedingungen für die Umsetzung zu ermöglichen?
Anna Jasper-Martens: Die Grundlagen für die Umsetzung der Energiewende sind längst vorhanden. Nun benötigen wir eine klare Prioritätensetzung durch die Politik, einen koordinierten Ausbau und umfangreiche öffentliche Fördermittel, unterstützt durch einen gelockerten Rechtsrahmen. Auch wenn die EU bereits verschiedene Fördermöglichkeiten anbietet, sind die jeweiligen Ausschreibungen stark überzeichnet. Die Wahrscheinlichkeit einer Finanzierung ist zu gering und die Erstellung der Antragsunterlagen sehr aufwändig. Zudem ist die Förderung von großen Leuchtturmprojekten zwar sinnvoll, um zu Beginn eines jeden Transformationsprozesses die Umsetzbarkeit einer neuen Technologie zu zeigen. Für eine breite Wirkung in der Bevölkerung müssen jedoch auch viele kleinere Projekte unterstützt werden.
Eine weitere wichtige Komponente für die Umsetzung der Energiewende ist die Förderung der gesamten CCU/S-Wertschöpfungsketten. CCU/S-Technologien sind eine zentrale Lösungskomponente bei der CO2-Speicherung und damit für das Erreichen der Klimaziele entscheidend.