Rund 237 Kilo Verpackungsmüll produziert jede:r Deutsche durchschnittlich pro Jahr. Damit liegen wir auf Platz eins in Europa. 2050 könnte dreimal mehr Plastik als Fische im Meer schwimmen. Ein T-Shirt, das wir vor zwei Wochen gekauft haben, gefällt uns vielleicht schon morgen nicht mehr. Altmodische Möbel bringen wir kurzerhand zum Sperrmüll. Auch in der Baubranche werden Ressourcen verschwendet und entsorgt, anstatt diese zu recyceln. Wie bewusst sind wir uns dabei über die Konsequenzen für die Umwelt und die nachfolgenden Generationen?
Wer kennt es nicht, kaum ein Produkt ohne Plastikverpackung landet beim Einkauf in unserem Wagen, Verpackungsmüll säumt die Straßen, Mode und Design werden immer schnelllebiger – Stichwort Fast Fashion.
Gleichzeitig wächst das Umweltbewusstsein in Gesellschaft und Politik. Seit Juli 2021 sind eine Reihe von Einwegkunststoff-Produkten in Deutschland verboten – darunter Wattestäbchen, Plastikteller oder Styropor-Becher und nachhaltige(re) Alternativen inzwischen üblich. Darüber hinaus kann auch jede:r Einzelne aktiv werden. Ein erster Schritt: sich wirklich Gedanken über den Kauf von Produkten oder darüber, was aus bereits gekauften Produkten wird, machen.
Was ist der Unterschied zwischen Upcycling und Recycling?
Taschen aus gebrauchten Lkw-Planen oder Brandschutzjacken, Handyhüllen aus alten Feuerwehrschläuchen, Lampen aus nicht mehr benötigten Fahrradfelgen… Bevor Ungeliebtes im Müll landet, hat vermeintlicher Abfall vielleicht doch noch einmal eine zweite Chance verdient. Beim Upcycling wird dem aus Generationen vererbten Stück noch einmal neues Leben und eine neue Funktion eingehaucht. Der Materialwert bleibt dabei erhalten.
Beim Recycling hingegen reduziert sich der Materialwert meist. Expert:innen sprechen daher auch von Downcycling.
Umweltbewusstsein und Wertschätzung gehen beim Upcycling ganz einfach mit Spaß einher. Dass sich Upcycling super in den Alltag integrieren lässt, das hat uns früher schon Peter Lustig anhand von Milchtüten, Joghurtbechern und Eierkartons beigebracht. Die alten Behältnisse lassen sich im Handumdrehen zum Pflanztopf oder Stiftehalter umfunktionieren. Ganz oben auf der Liste in der Generation der Do-It-Yourself(DIY)-Verfechter:innen stehen Möbel aus alten Paletten. Mit Kissen und Matratze versehen verleihen sie vielen Wohn- und Schlafzimmern das gewisse Etwas. Während wir uns am schönen Look erfreuen, sind Upcycling-Projekte in Ländern im sogenannten globalen Süden häufig entscheidend für bessere Lebensumstände. Ganz einfach und doch mit einer beachtlichen Wirkung: Mit Wasser und Bleichmittel gefüllt, dienen Plastikflaschen nach der Idee von Liter of Light für die Bewohner:innen von Armenvierteln beispielsweise als Solarlampe, die die Strahlung von Sonne oder Mond in die Hütten hinein spiegelt.
Upcycling ist zum Trend weg von der Wegwerf- und Konsumgesellschaft geworden. Verpackung und Versand, die bei neuen Produkten anfallen, entfallen. Dauerhaft schafft Upcycling das Problem der Umweltverschmutzung jedoch nicht aus der Welt.
Was bedeutet Kreislaufwirtschaft nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip?
Langfristig gesehen verschieben wir nur den Zeitpunkt, an dem wir Dinge wegwerfen. Irgendwann sind erhebliche Materialverluste entstanden und die Materialien nicht mehr wiederverwertbar, in der Wissenschaft bezeichnet als „from cradle to grave“ – von der Wiege zur Bahre. Wäre es nicht ideal, die Materialien könnten wieder vollständig in den Materialkreislauf in neue Produkte zurückfließen?
Cradle to Cradle (C2C)-Expert:innen wissen, dass eine Welt auch ohne Müll funktionieren kann. Professor Dr. Michael Braungart treibt als einer der Erfinder des C2C-Ansatzes in der EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer eine neue Denkweise voran. „Beim Einkaufen entscheiden wir zwischen tausenden von Produkten, beim Zurückgeben aber nur zwischen drei Tonnen. Wie kann das sein? Um schädlichen Müll zu vermeiden, setzen wir daher auf reine und definierte Materialien, die als biologische oder technische Nährstoffe wieder in Kreisläufe zurückfließen“, erklärt der Chemiker.
Produkte und Prozesse müssen in dieser Denkweise von Anfang an geplant und die gesamte Nutzungsdauer mitgedacht werden, sozusagen von der Wiege zur Wiege. So entsteht kein Abfall mehr, sondern nur noch Rohstoffe, die wieder vollständig in den biologischen oder technischen Wertstoffkreislauf zurückfließen. Dabei ist die Natur das beste Vorbild, denn hier gibt es keine Abfälle. Bei C2C werden nur qualitativ hochwertige Materialien verwendet, die nach der Nutzung leicht und einfach sortenrein in die Einzelbestandteile zerlegt werden können. So können sie wiederum in neuen Produkten zum Einsatz kommen. Neben der Wiederverwertung und hochwertigen Qualität spielt auch die Nachhaltigkeit der Bestandteile eine wichtige Rolle.