Ein schlaues Zuhause für die neue Arbeitswelt

Customized Smart Buildings revolutionieren die Immobilienbranche. Mittels Sensoren werden Nutzungsdaten der Büroimmobilie erhoben und die Gebäudesteuerung optimiert. In Pilotprojekten funktioniert das schon sehr zuverlässig.

Von Klaus Dederichs, Partner und Head of ICT bei Drees & Sommer 

Ein moderner Kubus, umhüllt von einer Glasfassade, mitten in Berlin: Der im Februar dieses Jahres eröffnete cube berlin, geplant von CA Immo mit Unterstützung des Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer und dem PropTech Thing-it, macht architektonisch durchaus etwas her. Doch die eigentliche Innovation sieht man von außen nicht: Hinter der Fassade verbirgt sich nämlich geballte Intelligenz, denn der Bau setzt ganz auf smarte Technologie – in Verbindung mit höchsten Sicherheitsstandards. Rund 3.750 Sensoren, 750 sogenannte Beacons, also Sender mit Bluetooth Low Energy und zugehörigen Mobilfunkantennen sammeln im cube berlin die unterschiedlichsten Daten, welche die Basis für die smarte Gebäudesteuerung bilden.

Eine mit künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattete zentrale Steuerungseinheit verknüpft viele der technischen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdaten miteinander. Dieses sogenannte „Brain“ erfasst die Informationen und Daten, analysiert und bewertet sie und unterbreitet Optimierungsvorschläge zum Beispiel für den Betrieb des Gebäudes. So erkennt das System etwa nicht genutzte Flächen und schaltet gegebenenfalls Anlagen wie Heizung, Lüftung, Kühlung oder Licht in diesen Bereichen ab. Das trägt dazu bei, die Energieeffizienz zu erhöhen und den Komfort für die Nutzer zu steigern. So verschmelzen in dem Smart Building Technologie, Architektur und Atmosphäre miteinander – um für Mensch und Umwelt eine smarte Zukunft zu ermöglichen.


cube berlin

© Adam MØrk

Die Errichtung des von CA Immo entwickelten und von 3XN Architekten, Kopenhagen, entworfenen cube berlin startete Anfang 2017. Von außen wirkt das nach vier Seiten orientierte Gebäude vor dem Berliner Hauptbahnhof wie eine abstrakte moderne Skulptur. Das Bürogebäude verfügt über etwa 17 000 m² vermietbare Nutzfläche.

Die Mietflächen sind flexibel ausbaubar und lassen alle modernen Büroformen zu. Experten von Drees & Sommer haben die CA Immo bei der Umsetzung des ganzheitlichen Digitalisierungskonzept des Gebäudes unterstützt und das Projekt zudem mit Generalfachplanungsleistungen wie Fassadentechnik, Energiedesign und Green-Building-Zertifizierung begleitet.

CA Immo realisierte den cube berlin als Smart Commercial Building. Ziel dabei ist es auf der einen Seite, die Bedürfnisse und Prozesse der Mieter und deren Mitarbeiter durch intelligente Technologien optimal zu unterstützen. Auf der anderen Seite sollen alle technischen Systeme in einer mit dem Prop Tech entwickelten künstlichen Intelligenz (dem sogenannten „Brain“) vernetzt werden und der Einsatz von Sensoren den Betrieb des Gebäudes optimieren. Für die Mieter erfolgt die komplette „Bedienung“ des cube berlin über eine mit Thing-It konzipierte App. Dazu gehören u. a. die Steuerung des Raumklimas, die Zugangskontrollen, aber auch alle Services, wie eine Paketstation oder optionale Komponenten wie Raumbuchungen oder Hot Desking.

www.cube-berlin.de


Nutzung, Wartung und Verbrauch gezielt steuern

Das Internet der Dinge und smarte Steuerungen verändern grundlegend die Art und Weise, wie Gebäude bewirtschaftet werden. Ob der cube berlin, The Ship in Köln oder Hammerbrooklyn in Hamburg: immer mehr Gebäude verfügen über ein digitales Gehirn, das Daten der Nutzer und des Betriebs sammelt, analysiert und sich anschließend den individuellen Bedürfnissen anpasst. Sensoren und digitale Datenerfassung ermöglichen detaillierte Nutzungsprofile von Gebäuden und Anlagen in Echtzeit.

So liefern intelligente und vernetzte Präsenzmelder Informationen dazu, welche Räume wie stark genutzt werden. Sind Arbeitsplätze oder Räume nicht fest vergeben, zeigt eine App beim Betreten des Gebäudes die Vakanzen. Je nach Nutzung der Räume kann dann die Leistung von Heizung, Klima- oder Lüftungsanlage an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. In Abhängigkeit von der Personenanzahl regelt sich das Raumklima bedarfsgerecht. Und wenn sich dort niemand aufhält, wird weniger geheizt. Daneben könnten die Datenquellen so miteinander verknüpft werden, dass Probleme frühzeitig etwa über Dashboards oder andere intuitive Visualisierungen sichtbar werden – mitunter schon, bevor die Störung überhaupt entsteht. Dadurch lässt sich die Wartung gezielter steuern, was dazu beiträgt, Ausfallzeiten und Reparaturen zu verringern.


THE SHIP in Köln

© The Ship

THE SHIP am Standort Köln Ehrenfeld gilt als Vorreiter in Sachen digitale Bürogebäude in Deutschland: hier treffen revolutionäre Technologien auf ein lebenswertes Arbeitsumfeld. Mitarbeiter können in THE SHIP frei wählen, wie und wo sie arbeiten möchten. Das Gebäude bietet auf über 13.000 qm Bruttogeschossfläche Raum für mehr als 500 Arbeitsplätze, viele Rückzugsorte, Loungebereiche, Think Tanks und Garden Offices. Gemeinsam mit der benachbarten Bestandsimmobilie „Alte Wagenfabrik“ bildet der Neubau ein Areal mit Campus-Charakter. Seit Ende 2019 haben die Mieter, darunter die FOND OF GmbH und der Startup-Accelerator xdeck, den Neubau nach und nach bezogen. Die Gründer der FOND OF GmbH sind Bauherren des Objekts. Partner für die technische Gebäudeausstattung und Digitalisierung ist Drees & Sommer.

www.shipcologne.com


Gebäudeleittechnik als Zwischenschritt

Der Trend lässt sich nicht aufhalten und dürfte angesichts der Corona-Pandemie weiteren Rückenwind erfahren. So können Smart Buildings beispielsweise auch die Einhaltung von Hygienekonzepten sicherstellen. Denn schließlich können Sensoren Personen in Räumen erkennen und dabei helfen, dass sich in Zeiten von Abstandsgeboten nicht zu viele Personen in einem Raum aufhalten.

Customized Smart Buildings vernetzen neben der klassischen Gebäudeautomation auch andere gebäudetechnische Systeme wie Zutrittskontrolle, Brandmeldeanlage oder Gebäude-Sensorik. Für das Asset Management, Property Management und Facility Management bedeutet ein intelligentes Gebäude eine erhebliche Arbeitserleichterung.


Hammerbrooklyn

© Hammerbrooklyn

Direkt am alten Holzhafen, zwischen Hamburger Hauptbahnhof und Hafencity, entsteht Deutschlands größtes privatwirtschaftliches Digitalprojekt, ein Vorreiter in Sachen digitaler Transformation und Innovation. Hier vernetzen sich Unternehmen, Startups und kluge Köpfe aus aller Welt, um zusammen zu arbeiten und zu forschen.

© Hammerbrooklyn

Das erste Hammerbrooklyn-Gebäude, das DigitalPavillon, eröffnet 2020. Das 7 500 m² große Upcycling-Projekt des ehemaligen USPavillons der EXPO 2015 wird das Herzstück des neuen Hamburger Digitalstadtteils. Drees & Sommer berät im Projekt zur Digitalisierung und unterstützt mit Projektsteuerung.

www.hammerbrooklyn.hamburg


 

Der Nutzer und seine Bedarfe im Mittelpunkt

Denn im Büro der Zukunft, das in zunehmender Konkurrenz zum Homeoffice stehen wird, steht der Nutzer und seine Bedarfe im Vordergrund. Die Menschen, die dort arbeiten, müssen sich wohlfühlen und gerne an ihrem Arbeitsplatz sein – und das funktioniert nur, wenn die technischen Lösungen wie die optimierte Steuerung von Lüftung, Raumtemperatur und Licht für ein angenehmes Arbeitsklima sorgen.

Wichtig dabei ist es für Investoren und Bestandshalter, digitale Einzellösungen für jede Immobilie zu vermeiden und stattdessen portfolioübergreifende digitale Immobilienplattformen zu implementieren. Nicht nur Neu-, sondern auch Bestandsbauten sollten im Zuge dessen auf ihre Digitalisierungsfähigkeit hin überprüft und entsprechend modernisiert werden. Dies geschieht mittels eines Digital Ready Checks mit festgelegten Prüfkriterien und daraus abgeleiteten Maßnahmen, um auch bisherige Gebäude des Bestands eines Immobilienportfolios weitgehend in eine solche Immobilienplattform zu integrieren. Die KI kann dann über die Immobilienplattform auf alle Daten des Betriebs, der Nutzer und der Umwelt zugreifen und beispielsweise Belegung, Auslastung und Flächennutzung einzelner Gebäude miteinander vergleichen. Daraus lassen sich dann Handlungsempfehlungen ableiten, wie die Gebäude betrieben werden sollen und eine fortwährende Optimierung des Portfolios sicherstellen.

Betriebs- und Nutzerdaten intelligent verknüpfen und analysieren

Denn das Gebäude der Zukunft macht mehr als nur Daten zu sammeln – es denkt mit, lernt von seinen Nutzern und passt sich deren Bedürfnissen individuell an. Es handelt sich um eine Immobilie mit Köpfchen – künstliche Intelligenz verknüpft alle technischen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdaten intelligent miteinander und steuert so die Prozesse im Gebäude in optimaler Weise. Dadurch hilft die Künstliche Intelligenz, den Energieverbrauch, die Reparatur- und Wartungskosten sowie die Verwaltungskosten zu reduzieren. So können Eigentümer beispielsweise die von Bewegungs- und Belegungssensoren gesammelten Daten analysieren und nutzen, um die Gebäude in den optimalen Betriebspunkt zu fahren.

Das allerdings lässt sich nur in enger Zusammenarbeit mit den Mietern realisieren. Denn zum einen ist besonders in der frühen Phase von Pilotprojekten eine gewisse Flexibilität und Test-Bereitschaft von Bedeutung, da die Systeme kontinuierlich dazu lernen. Und zum anderen wird die Zustimmung der Mieter benötigt, um überhaupt Sensoren in Mietflächen anbringen und Daten erfassen zu dürfen. Denn schließlich gelten hierzulande strenge Vorgaben hinsichtlich des Datenschutzes – und Smart Buildings basieren nun einmal auf dem Sammeln von Daten.


OWP 12 – Obere Waldplätze 12 von Drees & Sommer

© SCD Architekten Ingenieure_Drees & Sommer

Das Bürogebäude OWP 12 am Firmensitz von Drees & Sommer in Stuttgart-Vaihingen wird rund 200 Mitarbeitern Arbeitsplätze bieten. Die Investitionen für das vierstöckige Plusenergiehaus werden sich auf etwa 22 Mio. Euro belaufen. Der 20 m hohe und 70 m lange Neubau bietet auf einer Bruttogrundfläche von rund 7 000 m² einen großen Konferenzbereich, eine Terrasse, eine Cafeteria und eine Kantine für bis zu 1 000 Mitarbeiter. Die Architektur stammt von SCD Architekten Ingenieure GmbH aus Stuttgart. Um den Ressourcenverbrauch nachhaltig und das Abfallaufkommen möglichst gering zu halten, wenden die Drees & Sommer-Experten in weiten Teilen das sogenannte Cradle to Cradle-Prinzip an. Geplant und gebaut wird mit digitalen Methoden wie Building Information Modeling (BIM) und Lean Construction (LCM) für schlanke Bauprozesse. Vorzeigbar wird auch der Einsatz der geplanten digitalen Technologien sein.


Die Datenschutzvorgaben beachten

Um rechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen, muss man deshalb schon in der Planungsphase den Datenschutz mitberücksichtigen. Er muss von Anfang an Bestandteil jedweder Planungsleistungen in allen Bauprojekten sein. Grundsätzlich wird bei den in Bauvorhaben gesammelten unterschieden zwischen personenbezogenen und nicht-personenbezogenen Daten. Personenbezogene Daten lassen Rückschlüsse auf individuelle Verhaltensmuster zu. Sie sind deshalb durch die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und das deutsche Recht besonders geschützt. Anders verhält es sich mit den nicht-personenbezogenen Daten, wozu etwa Informationen über den Energieverbrauch, technische Daten oder auch Raumbelegungspläne zählen.

Schon in der Planungsphase muss daher überlegt werden, wie sich ein direkter Personenbezug möglichst vermeiden lässt. Müssen unbedingt persönliche Daten erhoben werden – beispielsweise bei der Zutrittskontrolle – ist die Pseudonymisierung ein probates Mittel, um die Persönlichkeitsrechte zu schützen. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, einen Datenschutzbeauftragten zu benennen und in den Planungsprozess zu integrieren. Das Bauprojekt muss nach Fertigstellung DSGVO-konform sein.


Innovation Hubs von Drees & Sommer

© Peter Neusser

Im Headquarter Stuttgart befindet sich das Gebäude DS HUB, vormals eine Buchbinderei, nun modernisiert mit Co-Working-Space, in das auch der Vorstand von Drees & Sommer eingezogen ist. Auf rund 2 000 m² werden vor allem digitale Geschäftsmodelle erforscht. Drees & Sommer kooperiert dafür mit zahlreichen Startups. 

© Peter Neusser

Auch in Aachen ist eines der Innovationslabore von Drees & Sommer angesiedelt. Auf dem Campus der RWTH Aachen hat sich deutschlandweit ein einzigartiger Treffpunkt von Wirtschaft, Wissenschaft und jungen Unternehmensgründern rund um smarte Gewerbegebäude etabliert. Drees & Sommer entwickelt hier mit Industrie- und Forschungspartnern unter anderem intelligente Gebäude und testet auch IT-Sicherheitsfragen ausgiebig.


Cyber-Security sicherstellen

Wer als Eigentümer, Bestandshalter oder Investor auf intelligente Gebäude setzt, braucht zudem eine umfassende Cyber Security-Strategie, denn schließlich sind große Datenmengen, wie sie in Gebäuden nun einmal anfallen, auch für Cyberkriminelle von großem Interesse. Um Sicherheitslücken zu verhindern, sollten schon während der Planungsphase jedes Gebäudes Sicherheitsanforderungen an Soft- und Hardware berücksichtigt werden. Das gelingt in sogenannten Penetrationstests. IT-Experten testen hierbei mit Mitteln und Methoden von Hackern die Empfindlichkeit der Systeme gegenüber Angriffen von außen. Neben einer Firewall, einem Antivirus-Programm und regelmäßigen Updates empfiehlt sich außerdem die Unterteilung des IT-Systems in Netzwerksegmente mit klaren Zugriffsrechten und einer ständigen Sicherheitsüberwachung. Um IT-Ausfälle zu vermeiden, sollte außerdem ein redundantes IT-Netzwerk mit entsprechender Infrastruktur aufgebaut werden.

Auch im cube berlin wird großer Wert auf den Sicherheitsaspekt gelegt. Vor Fertigstellung des Gebäudes wurde im Demozentrum des Clusters Smart Logistik auf dem Campus RWTH Aachen das Zusammenspiel verschiedener Digitalisierungsbausteine aus den Bereichen Hard- und Software im Modell abgebildet und mit Unterstützung von Drees & Sommer getestet. Mit Hilfe von Penetrationstests wurde die Empfindlichkeit der Hardware und des Software-Systems gegen Hacker-Angriffe getestet. Und seit der Inbetriebnahme gewährleistet eine Cyber Security-Organisationseinheit den sicheren Betrieb.

 

Klaus Dederichs, Partner und Head of ICT bei Drees & Sommer 

Klaus Dederichs startete 2015 als Head of ICT bei Drees & Sommer, leitet den Standort Aachen und ist seit 2019 Partner des auf Bau und Immobilien spezialisierten Planungs- und Beratungsunternehmens. Dort verantwortet er insbesondere die Themen ICT, Digitalisierung, Business Transformation, IoT, Big Data, Industrie 4.0 und Data Center, Vorbereitungsphase und Planungsphase. Klaus Dederichs studierte Physikalische Technik an der FH Aachen und arbeitete mehrere Jahre lang in verschiedenen Ingenieurbüros. Von 1999 an verantwortete er bei einem international agierenden Beratungs- und Planungsunternehmen zunächst als Projekt- und Fachbereichsleiter, später als Geschäftsführer, Prokurist und Partner zahlreiche Projekte im Rahmen des Lebenszyklus von Immobilien. Als Leiter Rechenzentrum war er für die Entwicklung und Konzeption der Rechenzentrumsplanung verantwortlich. Klaus Dederichs entwickelte den Kongress Bau- und Betrieb von Rechenzentren (Management Forum Starnberg), den er bis heute als Kongressleiter organisiert und moderiert. Zudem hat er in 2019 den Chair des ULI Product Councils Future Cities – Smart Cities übernommen.

 



Dossier „Arbeitswelt reloaded“

Die Corona-Pandemie hat viele Entwicklungen beschleunigt, die über kurz oder lang ohnehin auf die Immobilienbranche zugekommen wären – gerade mit Blick auf die Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Sicher ist: Büros wird es weiterhin geben, geben müssen. Was sie dabei auszeichnet, welche Aspekte für den Arbeitsort künftig wichtig sind und für alle, die mit ihm in Verbindung stehen, widmen wir uns in zahlreichen Beiträgen und Interviews in unserem Dossier „Arbeitswelt Reloaded“.

Hier können Sie das gesamte Dossier "Arbeitswelt reloaded" kostenlos herunterladen:

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