Startups sind ein wichtiger Baustein bei der Konzeption des Büros der Zukunft. Denn sie kreieren digitale Tools und andere innovative Lösungen, um analoges und digitales Arbeiten miteinander zu verbinden. Die Immobilienwirtschaft ist gut beraten, mit Startups zusammenzuarbeiten – und zielgerichtet in gute Ideen zu investieren.
Von Martin Pietzonka, Head of Innovation Services, Start-up Hub Berlin / Senior Consultant bei Drees & Sommer
Die Corona-Krise kennt viele Verlierer, aber sie kennt auch Gewinner: Der amerikanische Videokonferenz-Dienst Zoom ist so ein Kandidat: Die Pandemie hat den Dienst des 2011 im Silicon Valley gegründeten Unternehmens für viele Menschen zu einem festen Bestandteil des Berufsalltags gemacht – über sämtliche Branchen hinweg.
Eine gute Idee zu haben, die dann einen Boom erlebt: Das ist der Traum eines jeden Gründers. Startups gibt es in praktisch allen Branchen und sie bieten mit ihren häufig technologie- basierten Ansätzen Einsatz- und Skalierungsmöglichkeiten für alle Wirtschafts- und Lebensbereiche. Manche verschwinden schnell wieder in der Versenkung, andere können sich etablieren. Die jungen Unternehmen stehen ständig vor der Herausforderung zu zeigen, dass sich der Einsatz ihrer Technologien rechnet – und sie müssen sich als nachhaltig beweisen, um auf dem Markt bestehen zu können.
Auch die Bau- und Immobilienbranche hat die jungen Unternehmensgründer längst für sich entdeckt. Denn immer stärker erhöhen diese Proptechs und Contechs, wie sich Startups der Real Estate und Baubranche nennen, vor allem mit innovativen, digitalen Technologien auch den Druck auf die traditionsreichen Immobilienunternehmen. Und diese wiederum suchen intensiv den Kontakt zur Startup-Szene, weil sie sich erhoffen, durch Innovationen weiter voranzukommen, um neue Produkte, Services und Geschäftsmodelle zu entwickeln und frische Impulse zu erhalten. Ins Boot werden die Startups dabei vor allem in den Bereichen bzw. Plattformen Big Data, Internet of Things und Künstlicher Intelligenz geholt.
Gerade jetzt, in der Corona-Krise, kommt es auch auf eine gewisse Widerstandsfähigkeit der jungen Unternehmen an. Dabei erweisen sich vor allem jene PropTechs als krisenfest, die einen kurzfristigen Return on Investment generieren können. Für große Immobilienunternehmen zahlt es sich jedoch aus, auch die langfristigere Perspektive im Blick zu behalten und eine klare Innovationsstrategie zu verfolgen. Dazu zählt, zielgerichtet in Firmen zu investieren, die vielleicht keine kurzfristigen Gewinne versprechen, dafür aber eine gute Idee haben und technologiebasiert neue Produkte, Services und Geschäftsmodelle ermöglichen. Das kann die Handlungsfähigkeit in der viel beschworenen neuen Normalität erhöhen, Effizienzen steigern – und die Unternehmen damit mittel- bis langfristig zum Digitalisierungsgewinner machen.
Denn gerade in einer wirtschaftlichen Flaute sind Innovationen gefragt, die eine Zusammenarbeit mit Startups beschleunigen kann. Das A und O ist es dabei, in einem funktionierenden Ökosystem zu agieren, das die wichtigsten Player auf Augen- höhe verbindet. In diesem Kontext sind strategische Partnerschaften unerlässlich, denn selten schafft es eine Idee im Alleingang an den Markt. Vielversprechender ist es, wenn die Visionen der Startups mit dem Know-how etablierter Unternehmen und Institutionen Hand in Hand gehen.
Das erklärte Ziel von Drees & Sommer ist es, solche Partnerschaften zu fördern und flexible Kooperationsmodelle zu entwickeln. Dazu hat Drees & Sommer das Innovationcenter und Innovationshubs an mehreren Standorten ins Leben gerufen und das Innovations-Ökosystem „Creators“ gestartet. Gemeinsam mit den Startups sollen dabei aussichtsreiche Geschäftsmodelle anwendungstauglich weiterentwickelt werden. Im Rahmen von Events wie Meetups und Hackathons oder Accelerator- und Inkubatorprogrammen werden Unternehmen und junge Entrepreneure dabei zusammengebracht. Gründer werden hier über Geldmittel hinaus mit Know-how, Coaching und Zugang zu neuen Kunden und Märkten unterstützt. Etablierte Unternehmen versprechen sich davon umgekehrt neue und unkonventionelle Ideen jenseits des Althergebrachten und erhoffen sich Impulse von der Arbeitsweise der Startups. Zugleich wollen sie Vorreiter der Digitalisierung in der Immobilienbranche werden. Ob Virtual Office, Kollaborations-Tools, Projektmanagement-Tools oder das Dokumentenmanagement, intelligente Plattform-Modelle und Software-as-a-Service-Modelle – es gibt viele Bereiche, in denen Innovationen von Startups auch etablierte Player der Branche voranbringen und sie zu Vorreitern machen können. Denn das Know-how, das Startups einbringen, macht sie zu einem wichtigen Baustein im Ökosystem. Das trifft vor allem auch für das Büroimmobilien-Segment zu – denn schließlich kreieren sie beispielsweise digitale Tools, um virtuelle Zusammenarbeit zu managen oder analoges und digitales Arbeiten miteinander zu verbinden.
Außerdem zeigt sich aktuell deutlich, dass intelligente Gebäude wirtschaftliche wie nachhaltige Potenziale für Nutzer, Bestandshalter, Investoren und nicht zuletzt für die Umwelt erschließen. Sie ermöglichen sogar die intelligente Vernetzung ganzer Quartiere und Stadtviertel. Dies lässt sich mit an den Bedarf des Kunden angepassten „Customized Smart Buildings“ erreichen, die voller moderner Technik stecken und viele Innovationen enthalten, die von Startups mitentwickelt worden sind. Die intelligente Verknüpfung von technischen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdaten unter höchsten IT-Sicherheitsstandards ermöglicht eine optimale Gebäude- steuerung – und sogar ganze Stadtviertel können dabei eingebunden werden. So werden in der Smart City Franklin Mannheim oder dem Quartier Heidestrasse in Berlin mittlerweile nicht nur die Prozesse innerhalb eines Gebäudes aufeinander abgestimmt, sondern auch die Energie- und Wasserversorgung, der ÖPNV oder bisweilen sogar Freizeitangebote können berücksichtigt werden. Von derart intelligenten Immobilien profitieren auch das Facility-, das Property- sowie das Asset-Management.
Denn die Künstliche Intelligenz hilft dabei, Immobilien besser zu verstehen. Das wird immer stärker zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen führen. Als Grundlage für den Aufbau einer Immobilienplattform verspricht ein sinnvoll digitalisiertes Gebäude also langfristig höhere Renditen: Betreiber von Immobilien können beispiels- weise Büro- oder Parkflächen, die abends nicht mehr von Mitarbeitern genutzt werden, zusätzlich mithilfe einer Park-App vermieten. Und Mieter können mithilfe von Management Cockpits und Kennzahlen ihre Flächennutzung optimieren. Solchen High-Tech-Gebäuden gehört die Zukunft – und sie wären ohne innovative Impulse von außen kaum möglich. Es zahlt sich also aus für die Immobilienwirtschaft, mit Startups zusammenzuarbeiten. Das ist auch und gerade in der Corona-Krise wichtig, wo Startups mit existenziellen Problemen zu kämpfen haben. Eine gute Idee zur richtigen Zeit hat das Potenzial, ganze Branchen zu revolutionieren. Der Videokonferenz-Dienst Zoom hat es vorgemacht.
Martin Pietzonka, Senior Consultant bei Drees & Sommer
Martin Pietzonka ist seit 2019 für Drees & Sommer tätig. Er leitet die Innovation Services am Startup Hub Berlin und verantwortet dort neben dessen Weiterentwicklung auch das Innovationsmanage-ment, das Scouting und die Zusammenarbeit mit Startups. Zusätzlich unterstützt er im Rahmen seiner Arbeit bei der konkreten Umsetzung von Digitalisierungsthemen. Der studierte Diplomkaufmann hat während seiner beruflichen Laufbahn über 100 Startups aller Branchen bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle, Businesspläne, Strategien und der Venture Capital-Finanzierung beraten und war zudem Managing Director eines Cross-Industry Innovationsnetzwerks mit Themenfokus „Connected Life“.
Dossier „Arbeitswelt reloaded“
Die Corona-Pandemie hat viele Entwicklungen beschleunigt, die über kurz oder lang ohnehin auf die Immobilienbranche zugekommen wären – gerade mit Blick auf die Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Sicher ist: Büros wird es weiterhin geben, geben müssen. Was sie dabei auszeichnet, welche Aspekte für den Arbeitsort künftig wichtig sind und für alle, die mit ihm in Verbindung stehen, widmen wir uns in zahlreichen Beiträgen und Interviews in unserem Dossier „Arbeitswelt Reloaded“.