Themendialog Wuppertal

Beim Themendialog "Circular Transformation" machte die Themenreise – People, Process, Places unter dem Motto „Rethink, Reform, Renew – oder wie lautet die europäische Erfolgsrezeptur?“ im Bergischen Land Halt.

Gemeinsam mit dem Gastgeber Zukunftskreis Nachhaltigkeit Hoch 3 sowie dem Circular Valley diskutierten rund 160 Teilnehmende in der historischen Stadthalle in Wuppertal über das Umsetzen von Zukunftsstrategien im Kontext der Circular Economy.

Vortagesveranstaltung

Als Auftakt des Themendialogs luden zahlreiche Unternehmen und Institutionen zu Werksführungen und thematischen Rundgängen ein. Am Abend kamen rund 90 Teilnehmende im Visiodrom im Gaskessel Wuppertal zusammen, um neben dem ersten thematischen Kennenlernen auch die Entstehung dieses Transformationsgebäudes sowie eine 360° MONET- SHOW erleben zu dürfen.

Themendialog in der historischen Stadthalle Wuppertal

Keynote in zwei Akten „Die Zukunft der nachhaltigen Unternehmenstransformation"

In der ersten Keynote des Tages betonte Prof. Dr. Brigitta Wolf, erste Rektorin der Bergischen Universität Wuppertal, dass die nachhaltige Unternehmenstransformation nicht ohne Beiträge der Wissenschaft erfolgen könne. Mit einer sogenannten Trippelhelix aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft soll das Leben von Morgen kooperativ gestaltet werden. Dabei betont Wolf die Rolle der Technik, denn nur durch Innovation könne man die bevorstehenden Probleme lösen. Innovation sei dabei immer die grundlegende Veränderung im Leben der Menschen auf breiter Ebene. Vor allem jüngere Menschen müssen wieder mehr an technische Berufe herangeführt werden, so die frühere Kultusministerin von Sachsen-Anhalt.

Zur Präsentation

Prof. Dr. Michael Braungart, Gründer von EPEA und Erfinder des Cradle2Cradle Prinzips, richtet in seiner Keynote mahnende Worte an die Teilnehmer: „Wir machen die falschen Dinge perfekt und die richtigen falsch“. Es brauche Mut und vor allem mehr Tempo. Es reiche nicht, die Welt nur „weniger zu zerstören“. Die angestrebte Klimaneutralität genüge nicht, stattdessen müssen wir CO2 wieder aus der Atmosphäre zurückgewinnen, so Braungart. Für die Kreislauffähigkeit schlägt er definierte Nutzungszyklen und sog. Material Passports vor. Effektivität statt Effizienz und Ökologie statt Ökologismus, so sein dringender Appell.

Zur Präsentation

Valley Talk 1 – Sustainable, Circular, Different – Unternehmen in der Transformation

Wachstum und Umweltschutz, das schließe sich nicht aus, so Dr. Carsten Gerhart vom Partnernetzwerk Circular Valley. Am Ende sei es wichtig, dass nichts in der Natur lande, was dort nicht hingehöre und keine Umweltschäden entstünden. So sei z.B. die Verwendung von Plastik unproblematisch, solange es nicht im Meer lande. Deswegen komme den Materialien eine besondere Rolle auf dem Weg zur Nachhaltigkeit zu. Auch Prof. Dr. Birgitta Wolf, Rektorin der Bergischen Universität, sieht in Innovation den Schlüssel zur Lösung des Problems. Damit wir auch in Zukunft nicht den Anschluss verlieren, müssen wir, so Wolff, schon in der Schule ansetzen und die Kinder mehr für technische Berufe begeistern. Zudem müssten wir uns von dem Bild verabschieden, es gebe nur einen richtigen Weg zur Klimaneutralität. Eine Vielfalt an Lösungswegen wartet darauf, ausprobiert zu werden.

Inga Bauer von Bauer und Böcker fragte sich hingegen, wie das in den Unternehmen gelingen kann. Nach den Inputs habe sie realisiert, wie am Anfang der Entwicklung wir noch stünden, dass es noch lange nicht reiche, was wir tun. Aber wie bekommt ein Unternehmen wie das ihres eine Anleitung und das Know-how das nötig ist, um sich der Herausforderung zu stellen? „Melden sie sich“, lädt Birgitta Wolf sie ein, an den Universitäten gäbe es Leute „die Bock haben, etwas zu verändern“. Für Prof. Braungart seien hingegen die Universitäten mittlerweile kein Innovationskeim mehr, eher hemmen sie die Entwicklung. Die Fixierung auf die CO2 Neutralität sei ein Fehler: Die nächste Generation wolle nicht Null sein, vielmehr brauche es die „transformation to positive“. Lars Baumgürtel von Zinq erklärt ebenso, das wir Nützlinge für den Planeten werden müssen und stellt fest, dass die Politik mit diesen Ideen oft überfordert sei. Er sehe vor allem den Mittelstand in der Pflicht, denn hier entscheide sich ob die nachhaltige Transformation gelinge. Dazu müssen zirkuläre Prozesse wirtschaftlicher werden. Wichtig ist dabei vor allem die Einbindung der Lieferkette.

Valley Talk 2 – Ökonomie der Transformation von Energiesystemen

Dr. Christian Lieberknecht vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen zeigt die Unzulänglichkeiten des Status Quo auf. Die Antworten lägen auf dem Tisch, doch man komme trotzdem nicht voran. Den Innovationsstau auf die Verwaltung zu schieben helfe auch nicht weiter, da diese die Dinge so umsetze, wie es ihr vom Gesetzgeber vorgegeben werde. Keinesfalls entschuldige die Trägheit der anderen das eigene Nichtstun. Er ermutigt die Teilnehmer über den Tellerrand hinauszusehen und die jetzige Situation zu nutzen. Auch Henrik Töpelt von Drees & Sommer mahnt an, alleine der ökonomische Druck erzwinge die Geschwindigkeitserhöhung. Dennoch wirken die Regularien oft verlangsamend und zäh. Vor allem überambitionierte Klimaziele wirken oft abschreckend und demotivierend. Für Markus Hilkenbach von den Stadtwerken Wuppertal ist der Koalitionsvertrag zu ambitioniert. Maßnahmen seien dringend erforderlich, jedoch sei der zeitliche Rahmen allerdings unrealistisch. Wer 45 Jahre in eine Richtung laufe, dem fällt die Pfadabkehr schwer, so Hilkenbach. Da das Thema Energie jede Person betreffe, muss sich die Gesellschaft und Wirtschaft bewusst werden, woher die Energie eigentlich komme. Deutlich wird das auch im Imagewandel der Stadtwerke: Als moderner Betrieb versteht man sich in Wuppertal vor allem als Energie- und Infrastrukturdienstleister.

Kai Siefert von RIDDLE&CODE Energy Solutions GmbH, einem Tochterunternehmen von Wien Energie, denkt bereits an die Zeit nach der Krise und geht neue Wege. Wir müssten, so Siefert, vor allem an die „kleinen“ denken und den Konsumenten zum Teilnehmenden machen. Mit Bürgerkraftwerken und direkter Vergütung wird jeder kurzerhand selbst zum Energieunternehmer - dies schaffe vor allem Interesse und Bewusstsein. Dabei wolle man auch immer einen neuen Weg aufzeigen und schneller als die Regulatorik sein. Für Patrick Schneckenburger von E.ON steht das Thema Bezahlbarkeit im Fokus. Er greift den Beitrag von Birgitta Wolff aus dem ersten Valley Talk auf und betont die Wichtigkeit technischer Berufe. So müsse vor allem das Handwerk wieder gestärkt werden. Bezahlbarkeit, Energiesparen, Lieferketten –gleich mehrere Krisen müssen in den Griff bekommen werden. Der Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal, Uwe Schneidewind, möchte die Demokratie in die nächsten Jahrzehnte führen, angefangen in Wuppertal. Diese gerate insbesondere durch Krisen wie Klima und Energie vermehrt unter Druck. So dürfe man die Welt nicht den Autokraten, wie Trump und Co. überlassen. Deshalb ist es wichtig, dass wir Fahrt aufnehmen, so Schneidewind.

Valley Talk 3 – Netzwerke als Ökosystem der Standort und Unternehmensentwicklung

Im dritten und letzten Valley Talk des Tages diskutierten die Gäste die Rolle von Netzwerken im Transformationsprozess. Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei, das ist klar. Schließlich geht es um die Zukunft des Planeten. Unerlässlich ist der Austausch auch deshalb, weil die Größe und Komplexität des Problems nur gemeinsam angegangen werden kann. Frederik Diergarten vom PVH Future Lab erklärt, dass der Wettbewerbsgedanke in diesem Bereich aufgebrochen werden muss. Er ermutigt den Saal Vorreiter zu sein und in der eigenen Branche etwas anders machen, Grenzen aufzubrechen, Gesetzmäßigkeiten zu hinterfragen und dabei auch immer die Sichtweisen des anderen zu respektieren. Auch Susann Kleinhans vom Digitalcampus Zollverein setzt sich für den Wissensaustausch ein. In der unmittelbaren Nähe und regional lassen sich im Diskurs oft schon gute Erfolge erzielen und gemeinsam ausgeholfen werden. Dabei ist es sogar von Vorteil wenn der Austausch auch branchenübergreifend stattfindet.

Auch Stephan Bongwald vom Zukunftskreis Nachhaltigkeit Hoch 3 stellt fest, dass man mit einer guten Vernetzung nicht nur sich und das Netzwerk, sondern ganze Regionen voranbringen kann. Die Sichtbarkeit spiele dabei eine große Rolle, es sei wichtig auch auf andere Netzwerke zuzugehen. Alice Knorz von Fairantwortung mahnt an, die eigene Bubble zu verlassen, um alle mitzunehmen und den pluralistischen Diskurs zu ermöglichen. Zudem sieht sie die Krise als sozialen Prozess, in dem die Chance bestünde näher zusammenrücken. In dieser Einschätzung bestärkt sie Ashok Sridharan vom Senat der Wirtschaft. Die aktuellen Herausforderungen fördern die Suche nach Lösungen in innovativen Arbeitskreisen, die letztendlich auch Investoren überzeugen können.

Take Home Messages aus den Vertiefungssessions

Fazit

  • Wir haben keine Zeit zu Zögern. Es reicht nicht, die Welt nur "weniger zu zerstören". Es braucht komplett neue Denkstrukturen. Und vor allem: Wir müssen einfach mal anfangen und machen!
  • Dezentralisierung ist ein wichtiger Bestandteil, um in Zukunft resilienter gegen Energiekrisen zu sein. Ein Erfolgsfaktor dafür sind digitale Infrastrukturen, da intelligente Stromnetze deutlich effizienter, nachhaltiger und sicherer sind.
  • Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei – nur gemeinsam im Netzwerk gelingt die Transformation. Dabei ist es wichtig, dass Netzwerke sichtbar werden und auch aufeinander zugehen. Sie müssen mit Schwarmintelligenz durch den Sturm von Krisen und Unsicherheit den Weg in die Zukunft weisen und dienen dabei als relevanter Faktor bei der Standort- und Unternehmensentwicklung.

Fotograf: Malte Reiter 

Sie haben Anregungen oder Fragen? Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

Wir freuen uns, Sie auch wieder bei der nächsten Themenreise begrüßen zu dürfen.