Nicht nur Handelskonflikte, eine schleppende Konjunktur und Auftragsrückgänge setzen hiesige Industrieunternehmen unter enormen Druck. Vor allem ein tiefgreifender Strukturwandel zwingt Automobilhersteller und -zulieferer, Maschinenbauer sowie Unternehmen aller weiteren Industrien zu gewaltigen Veränderungen. Wie sich das auf deren Immobilienmanagement auswirkt und inwieweit digitale Lösungen sowie der gesellschaftlich vehement geforderte Umwelt- und Klimaschutz im Immobilienbereich angekommen sind, dokumentiert die aktuelle Drees & Sommer-Trendstudie „Real Estate in der Industrie“.
Stuttgart, 6. Februar 2020. An der vom Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE mit Hauptsitz in Stuttgart durchgeführten Umfrage beteiligten sich 210 Immobilienverantwortliche aus Unternehmen der Industriebranche. Drei von vier Teilnehmern sind in Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern beschäftigt. Bei 19 Prozent entfallen mehr als 500 Beschäftigte auf deren Immobilienorganisation. Mehr als die Hälfte der Befragten verwaltet Portfolios mit über 1 Million Quadratmetern. 90 Prozent sind für Unternehmen mit Sitz in Deutschland und 10 Prozent für Schweizer Unternehmen tätig.
Bei zwei von drei Teilnehmern ist das Immobilienmanagement mittlerweile zentral organisiert. Das bewertet Thomas Häusser, Partner der Drees & Sommer SE, der viele Projekte im Bereich Real Estate Consulting verantwortet, grundsätzlich positiv: „Wer als Industrieunternehmen das Management aller Immobilien, Grundstücke und zugehöriger Budgets zentral verantwortet, schafft die Grundlage für ein unternehmensorientiertes Wirtschaften auch im Immobilienbereich, wovon das Kerngeschäft erheblich profitieren kann.“
Auf Zukunft statt auf unrentable Kapitalbindung setzen
Wer die Markt- und Transformationsfähigkeit des gesamten Bestands genau kenne, so Häusser, könne Instandhaltungsstaus besser ab- und eine digitale Infrastruktur sinnvoll aufbauen, freiwerdende Flächen für neue Unternehmensbereiche nutzen oder sie gewinnbringend verkaufen. Die Erlöse könnten in innovative Gebäude und Produktionshallen investiert werden, die nicht nur in Sachen digitale Prozesse und Industrie 4.0 fit seien, sondern auch, was den Klima- und Ressourcenschutz angehe.
Stellenwert des Immobilienmanagements erhöhen
Geht es um solche und weitere Maßnahmen und Optimierungen, müssen sich damit laut Befragung derzeit bereits knapp drei Viertel der Immobilienverantwortlichen auseinandersetzen. Die Umfrage zeigt auch: Wenn sie innovative Ansätze im Real Estate Management verfolgen wollen, stoßen drei Viertel aktuell auf Widerstände seitens der Unternehmensführung.
Ausschlaggebend könne dafür in Teilen ein geringer Stellenwert des Immobilienmanagements in Industrieunternehmen sein, der sich auch organisatorisch widerspiegele, so Veronika Deuser, Senior Projektpartnerin bei Drees & Sommer. Während bei jedem Dritten die Organisation der Immobilien dem Bereich Finanzen und bei jedem Vierten dem Bereich Produktion zugeordnet ist, geben 36 Prozent der Teilnehmer an, sonstigen Bereichen anzugehören.
„Für den gesamten Unternehmenserfolg spielt ein optimierter, flexibler Immobilienbestand sowie ein durchgriffsstarkes und mit entsprechender Verantwortung und Rechten ausgestattetes Immobilienmanagement eine immer wichtigere Rolle. Dafür sollte es idealerweise bei einem möglichst vom Kerngeschäft unabhängigen Geschäftsbereich im Unternehmen angesiedelt sein. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die Immobilienorganisation beispielsweise zu sehr der Produktion untergeordnet wird und nicht unabhängig genug im Sinne des gesamten Unternehmens agieren kann“, ist die Expertin für Real Estate Management sowie Organisations- und Prozessberatung überzeugt.
Effizienz als Hauptmotor für digitale Immobilien der Industrie
Laut der Befragten investiert jedes vierte Unternehmen mehr als fünf Prozent des Umsatzes in die Digitalisierung. Fast jeder Zweite erhofft sich von digitalisierten Gebäuden und Hallen vor allem effizientere Prozesse und Effizienzsteigerungen im Betrieb. 28 Prozent sehen darin eine Chance für Kostensenkungen. Für jeden Fünften sind gestiegene Nutzeransprüche hauptsächlicher Anreiz, um die Immobilien zu digitalisieren.
Allerdings befürchtet ein Viertel, dass die smarten Immobilien eine geringe Cyber Security und damit keinen ausreichenden Schutz vor Hacker-Angriffen aufweisen. Weitere 25 Prozent halten die hohen Kosten für Technik und die damit verbundene Wartung für problematisch. Den Mangel an einheitlichen Standards sehen 17 Prozent als erhebliches Risiko an.
Nachhaltigkeit als Messlatte wirtschaftlichen Erfolgs
Bei vielen Industrieunternehmen hat in den vergangenen Jahren ein Umdenken eingesetzt: weg von der reinen Gewinnmaximierung hin zu einer aktiveren Rolle für Umwelt und Gesellschaft. So geben zwei Drittel der Befragten an, dass ihr Unternehmen bereits über eine Strategie zum Erreichen der CO2-Neutralität verfügt.
72 Prozent der Immobilienverantwortlichen geben allerdings zu, noch keinen durchgängigen Prozess definiert zu haben, der die CO2-Neutralität in allen Produktionsschritten mit allen jeweiligen Lieferketten und Zulieferer sicherstellt. „Insbesondere in den Portfolios und Immobilien der Industrieunternehmen, in ihren technischen Infrastrukturen und Produktionswegen schlummern noch erhebliche Einsparpotenziale“, fasst Thomas Häusser zusammen.