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Blogbeitrag 16 / 01 / 2024
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Per Fußabstreifer zur Pollenprobe

Was ein Bienenstock über Umweltschadstoffe aussagen kann

Unsere Drees & Sommer-Bienen, die seit 2020 aktiv sind, produzierten nicht nur rund 20 Kilogramm Honig im ersten Jahr. Sie leisteten auch einen Beitrag zur Erforschung und Verbesserung der Artenvielfalt. Dafür arbeiteten die Dresos mit dem Start-up BeeOdiversity zusammen.

„Die Tiere sind nervös“ ist ein Satz, den man in der Nähe eines Bienenstocks nicht gern hört. Doch Sebastian Hampel schätzt die Lage richtig ein. Der Grund für die Aufregung der Fluginsekten: Mit seinen beiden Kollegen Sebastian Beck und Stefan Krcelic nähert sich der Hobbyimker den Eingängen der vier Drees & Sommer-Beuten, wie die Bienenstöcke in der Fachsprache genannt werden. Doch ein Smoker, ein spezielles Rauchgerät zur Beruhigung der Bienen, entspannt die Situation. Die Dresos können ans Werk gehen: Heute sollen die Vorrichtungen angebracht werden, mit denen den Bienen eine Stichprobe von ihrem Pollen abgenommen werden soll. Denn damit haben Drees & Sommer und das belgische Start-up BeeOdiversity etwas ganz Besonderes vor.

Warum sind Bienen wichtig für die Umwelt?

Die Idee basiert auf einer seit längerem bekannten Eigenschaft des Blütenstaubs (Pollen). Darin lassen sich nämlich sehr gut Umweltschadstoffe nachweisen. Überdies erlauben die Produkte Rückschlüsse auf die von den Bienen angeflogenen Blüten und damit auf die in der Umgebung vorkommenden Pflanzenarten. Da lag die Idee nahe, dass man diese Informationen für die Entwicklung nachhaltiger Gebäude, Quartiere, ja ganzer Städte nutzen könnte. Beispielsweise ließen sich mit den Daten gezielte Blühmischungen für Grünanlagen zusammenstellen, die eine breite Biodiversität ermöglichen.

Umweltschadstoffe durch Bienen nachweisen

Um an den Pollen zu gelangen, bringen die Dreso-Imker spezielle Konstruktionen an den Eingängen der Beuten an. Sie bestehen aus einem Holzrahmen, einem feinen Metallgitter und einem kleinen Korb aus Kunststoff und funktionieren wie eine Fußmatte: Anfliegende Bienen streifen beim Betreten des Stocks unabsichtlich etwas Pollen von ihren Hinterbeinen. Unterhalb des Gitters fällt er in den dort angebrachten Sammelkorb.

Der Korb wird regelmäßig geleert und die Pollenproben finden, sauber eingetütet, mit der Post ihren Weg nach Brüssel zu BeeOdiversity. Dort analysiert ein Team von professionellen Imkern und Laboranalytikern den Pollen chemisch-biologisch. Insgesamt stehen pro Jahr vier Messzyklen von jeweils mehreren Wochen an, während derer regelmäßig Pollenproben entnommen werden.

Das Innovative des Ansatzes besteht im Einsatz digitaler Tools: ein Tool für das Auditing dokumentiert den Status Quo der Bienenvölker, ein Mapping-Tool hilft bei der Festlegung der untersuchten Flächen. Das Monitoring-Dashboard schließlich visualisiert die gemessenen Daten in Form übersichtlicher Grafiken.

Erkenntnisse aus den Pollenproben

Die Auswertung der zwischen Anfang Juni und Mitte Oktober 2020 gesammelten Pollenproben hielt für die Drees & Sommer-Bienenstöcke in Stuttgart im Großen und Ganzen erfreuliche Neuigkeiten bereit: Im Sammelgebiet der Bienen (bis zu drei Kilometer um zwei Beuten) wurden kaum Pestizide versprüht. Eine Ausnahme bildete die Probe, die im Sommer genommen wurde. In ihr hat die Analyse erhöhte Mengen von Benalaxyl (Pestizid) ergeben. Diese können beispielsweise von Kartoffeln oder Weinreben stammen, sanken aber später im Jahr unter die Nachweisgrenze.

Die Proben wiesen Pollen von knapp 30 verschiedenen Blühpflanzen auf – ein sehr guter Wert, bei dem sich wahrscheinlich die Stadt- und Waldrandlage und die vielen Gärten und Wiesen in der Nähe bemerkbar machen. Die größte Pflanzenfamilie bildeten in allen drei Erhebungsphasen die Asteraceae. Darunter fallen Korbblütler wie Gänseblümchen, Sonnenblumen oder Herbstastern.

Den Dreso-Bienen gelang es außerdem, einen bekannten Pflanzen-Eindringling nachzuweisen: den Sommer- oder Schmetterlingsflieder. Er blüht in vielen Vorgärten und ist wegen seiner Herkunft und seines Ausbreitungsdranges in manchen europäischen Ländern inzwischen als ‚Invasive Art‘ eingestuft. Gleichwohl scheint er nicht nur Schmetterlingen, sondern auch den Bienen bestens zu schmecken.

Wie geht es weiter mit den Stuttgarter Bienenstöcken?

Von den insgesamt vier Völkern sind leider nur zwei über den Winter 2020 gekommen. Ziel ist es, diese durch Bildung von zwei Ablegern wieder auf vier Völker anwachsen zu lassen und am Standort zu etablieren. Ganze 23 Kilogramm Honig oder 90 Gläser waren 2020 das Ergebnis aus nur einer Beute. Die Drees & Sommer-Hobbyimker, die ihre Arbeitsplätze in Sichtweite der Beuten haben, hoffen 2021 trotz außergewöhnlich kalter Tage im April auf eine ähnlich gute Honigernte wie im vergangenen Jahr.

Anfang 2024 befinden sich die Bienen wie üblich noch in der Winterruhe. Im vergangenen Jahr ist leider ein Volk der Dreso-Bienen der Varroa-Milbe zum Opfer gefallen. Das zweite Volk ist jedoch stark in den Winter 2023/24 gegangen. Ab Februar werden die Dresos je nach Wetterlage die Futtervorräte prüfen. Mit den ersten wärmeren Sonnenstrahlen und besserem Wetter werden die Bienen dann ab März/April wieder mobil.

Doch nicht erst 2024 – schon nach dem ersten Jahr konnte man feststellen: Ob bei potenziellen Kunden, in den Medien, unter Imker:innen oder im Unternehmen selbst: Die Dreso-Bienen haben dort, wo über das Monitoring-Projekt im Rahmen der Kooperation mit dem belgischen Startup BeeOdiversity berichtet wurde, großes Interesse hervorgerufen. So gesehen erwiesen sich die emsigen Tiere über ihren eigentlichen ‚Job‘ hinaus als Botschafter für ein wichtiges Zukunftsthema: die schwindende Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt und die Notwendigkeit, mit einer Biodiversitätsstrategie auf Ebene von Gebäuden und Quartieren gegenzusteuern.

Artikel wurde überarbeitet // Originalbeitrag von September 2020