Themendialog „Rethink Urbanity” am 15.09.2022 in Wien

Beim Themendialog "Rethink Urbanity" machte die Themenreise – People, Process, Places unter dem Motto „Rethink, Reform, Renew – oder wie lautet die europäische Erfolgsrezeptur?“in Wien Halt.

Gemeinsam mit dem Gastgeber Österreichische Post diskutierten rund 100 Teilnehmende in der Zentrale der Österreichischen Post über zukunftsweisende Neugestaltungen unserer Städte und urbanen Räume.

Allgemeine Impressionen des Dialogs und der Locations:

Vorabendveranstaltung am Flughafen Wien

Bereits am Vorabend kamen wir im „Level²²“ im 22. Stock von Europas höchstem Airport-Tower, mit einem atemberaubenden Ausblick auf das Rollfeld, zusammen. Rund 60 Teilnehmende diskutierten über Airport-Cities als eigenständige urbane Ökosysteme und die zukünftige Entwicklung am Flughafen Wien und der Vienna Airport-City.

Bei der anschließenden Paneldiskussion „Beyond Airports“ ging es um die Attraktivität von Standorten, sowie Städten und wie diese Faktoren sich auf das Umfeld von Flughäfen adaptieren lässt.

Themendialog in der Zentrale der Österreichischen Post

Keynote

Harald Hagenauer, Leitung Investor Relations, Konzernrevision & Compliance, Österreichische Post

Harald Hagenauer sprach in seiner Keynote „Rethink Urbanity“ über die nachhaltige City-Logistik der Zukunft. Dabei müssen wir die Logistik von morgen deutlich nachhaltiger gestalten, um den CO2 Fußabdruck zu verringern. Aufgrund dessen versucht die Österreichische Post ihre Eigenemissionen, sowie auch die Emissionen ihrer Fremdleistungen zu senken. Bei steigenden Transportmengen ist dies aber eine große Herausforderung, so Hagenauer. Daher versucht die Post in verschiedenen Bereichen wie Gebäude oder Transportlogistik den Ausstoß zu minimieren. Ein großer Hebel war vor allem die Elektrifizierung des Fuhrparks. Dennoch habe die Industrie noch keine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Lösung für LKWs entwickelt, welche einen Großteil der Emissionen ausmachen. Trotzdem hat sich die Post das Ziel gesetzt bis 2040 „Zero Emissions“ zu erreichen. Ein Leuchtturmprojekt in diesem Bereich ist das „Grüne Graz“, wo die gesamte Zustellung von Briefen, Werbepost und Paketen emissionsfrei erfolgt. Ermöglicht wird dies unter anderem durch die Photovoltaikanalagen auf den Logistikzentren der Österreichischen Post.  

Urban Talk 1

Laura Schediwy, what3words | Dr. Denis Krechting, Metropolitan Cities | Daniel Wiener, Cargo Sous Terrain

Laura Schediwy, Dr. Denis Krechting und Daniel Wiener diskutierten im ersten Urban Talk „Reform Urban Development & Mobility“ unter anderem über die Idee der 15-Minuten-Stadt und wie sie sich  in der Zukunft verändern muss. Neben der individuellen Strategie einer Stadt müssen auch die Werte der Menschen berücksichtigt werden, so Krechting. Es brauche mutige und risikofreudige Städte, die verschiedene Ansätze adaptieren. Komplexe, innovative Lösungen sollten möglichst vereinfacht werden, sodass diese einfacher zu verstehen und anzuwenden sind. Zudem brauche es individuelle und zuverlässige Mobilitätslösungen für Privatpersonen und die Logistik. Jedoch brauche man dazu die Kommunen und Städte die diese Ideen auch umsetzen wollen.

Urban Talk 2

Stefan Rainer, Infineon | Philipp Vohrer, ENERCON | Panagiotis Kalandranis, Ford

Im Rahmen des zweiten Urban Talks „Rethink Industrial Investments“ sprachen Stefan Rainer, Philipp Vohrer und Panagiotis Kalandranis über die zukünftigen (Produktions-)Standorte der Industrie. Werden die Fabriken der Zukunft im Brownfield oder eher im Greenfield zu finden sein? Für die Industrie ist eine gut ausgebaute Infrastruktur vor Ort von essenzieller Bedeutung, beginnend bei verlässlichen, nachhaltigen Stromnetzen, bis hin zur Nähe zu den Lieferanten und Universitäten. Des Weiteren sind schnelle Transportwege für den Personenverkehr und den Lieferverkehr unabdingbar. Insbesondere der Fachkräftemangel ist ein entscheidendes Erfolgskriterium für die Unternehmen. Diese müssen neue Mitarbeitende nicht nur gewinnen können, sondern vor allem durch Benefits und Weiterbildungsmaßnahmen langfristig an sich binden. Für die Standortauswahl sind diese Faktoren maßgeblich um Investitionen zu tätigen, weswegen die Brownfield-Anlagen von vielen Unternehmen bevorzugt werden. Auch wenn sich die Produktionsstätte im Vergleich zu den Greenfield Projekten an die Umgebung anpassen müssen.

Urban Talk 3

Carsten Bruns, Kühne + Nagel | Matthias Hofmann, Österreichische Post | Valerie Pretscher, Storebox Holding | Davor Sertic, Wirtschaftskammer Wien

Im letzten Urban Talk „Rethink Supply Chains“ wurden die  City-Logistik thematisiert und welche Rolle die Logistik in der urbanen Transformation spielt. Für diesen Talk durften wir Carsten Bruns, Matthias Hofmann, Valerie Pretscher und Davor Sertic auf der Bühne begrüßen. Um die städtische Versorgung in der Zukunft noch besser zu gewährleisten muss die Wertschöpfung bereits bei der Stadtentwicklung beginnen. Kürzere Transportwege verbessern die Effizienz und den Emissionsausstoß. Notwendig sind auch multiple Logistik-Lösungen in der Stadt für den B2C- als auch B2B-Bereich. Eine wesentliche Rolle für die urbane Logistik spielt auch der rechtliche Rahmen, bei dem der Dialog mit der Politik geführt werden muss. Dabei würden Auflagen die effiziente Flächennutzung in der Stadt erschweren, kritisiert Hofmann. Deswegen muss die Zusammenarbeit mit den Kommunen und Städten weiter verstärkt werden.

Vertiefungssessions

Renew Industry

Thoralf Krause, Drees & Sommer  | Markus Binder, Magna | Uwe Drücker, Drücker Steuerungssysteme | Martin Höbarth, Phoenix Contact | Thorsten Philipp, Geislinger

Damit die europäische Industrie die wichtigsten Probleme der Zeit  (Club of Rome 2022) - Übergang zu sauberer Energie, Ermächtigung der Frau und Beseitigung der Ungleichheit sowie den Aufbau eines zwischen Menschen und Ökosystemen gesunden Produktionssystems – mitbeantwortet, braucht sie einen stetigen Diskurs und eine Erfindung seiner selbst. Eines der letzte großen Alleinstellungsmerkmale Europas Industrie im globalökonomischen Wettstreit besteht in der Fähigkeit komplexe Herausforderungen zu lösen. KI und weitere digitale Vernetzung zwischen Prozess, Fabrikgebäude und zukünftig auch die Interaktion mit der Stadt oder Region werden neue Trends sein. Längst wurden Erkenntnisse der Entwicklungen Industrie 4.0 um die Interaktion von Prozess mit dem Fabrikgebäude erweitert. So lassen sich heute in der Fabrik Verbräuche von Energie und Medien aber auch Materialflüsse smart steuern. Diese Vernetzung könnte in den urbanen Raum erweitert werden und auch hier dessen Verbräuche und Verkehrsströme abstimmen und optimieren. Das könnte sich positiv auf die Bevölkerung in Ihrem Nutzer- und Mobilitätsverhalten auswirken und könnte einer von einer Industrie geprägten Region auch wieder mehr Identität geben und somit Mitarbeiter und Bewohner binden. Industrieansiedlungen würden nicht mehr allein Arbeitsplätze schaffen sondern zu „Gehirnen“ eine Region werden. Dafür braucht es ethische Regeln und einen interdisziplinärer und holistischen Ansatz - Partikularinteresse müssen überwunden werden. Die Zukunft liegt im kollektiven Netzwerk!

Rethink Energy Supply

Michael Jelencsits, Drees & Sommer | Joshua-Niclas Oergele , Bosch | René Habers, Georg Fischer Piping Systems | Christoph Mohr, E.ON

Welchen Herausforderungen steht die Energieversorgung der Zukunft gegenüber?

In der Betrachtung verschiedener Energieversorgungsmodelle zeigt sich, dass eine gesamtheitliche Betrachtung notwendig ist. Hierbei stellt vor allem die Einbindung aller relevanten Marktteilnehmer (Politik, Energieversorger, Industrie, Unternehmen, Privathaushalte) eine wesentliche Herausforderung darstellen. Grundsätzlich ist die Energieversorgung neu zu denken – von zentraler Energieversorgung hin zu einer vermischten Denkweise aus dezentralen und Zentralen Technologien. Die Technologien und Energieträger für eine nachhaltige Energieversorgung sind vorhanden und technisch funktional. Die zukünftige Herausforderung ist es Transparenz zu schaffen, nachhaltige Technologien voranzutreiben und intelligente Speicherlösungen zu finden um die Transformation von einer Wärmegetriebenen Energieversorgung zu einer stromgetriebenen Energieversorgung zu ermöglichen.

Renew Urban Mobility

Marco Albrecht, Drees & Sommer | Martin Margreiter, MobilityPartners | Paul Janacek, Österreichische Post | Dieter Dorazin, Wiener Linien | Philip Tropper, ELOOP | Hauke Hinrichs, SMATRICS |Andreas Rau, Max Bögl

Wie sieht die Mobilität der Zukunft in den Städten aus?

Um die Städte weiter lebenswert zu machen, muss grundsätzlich Individualverkehr vermieden werden. Die Betreiber des ÖPNV setzen hier auf moderne, elektrische Fahrzeuge, die digital und bequem erreich- und nutzbar sind. Hubs vor den Toren der Stadt können multimodal genutzt werden, um Waren auf kleinere, elektrische Fahrzeuge zu verteilen. Einpendler können ihre Fahrzeuge laden, wären sie mit Bussen, Bahnen, Bikesharing, o.ä. in die Stadt fahren. Da Flächen rar sind, müssen sie mehrfach genutzt werden und zu lebendige Mobilitätshubs werden. Alternative Transportsysteme, unter oder über den Straßen  für Cargo und Personen können auch eine Möglichkeit darstellen.

Rethink Districts

Jörg Ohle, Drees & Sommer | Stefan Kaufmann, Nemetschek | Marcel Simoner, Urban Innovation Vienna | Harald Engelke, Österreichische Post | Baldassare LaGaetana, Aqseptence | Laura Schediwy, What3Words

Der Lifestyle unserer Gesellschaft befindet sich im Wandel. Distrikte werden sich den Bedarfen der Zukunft anpassen und werden in ihrer Ausgestaltung granularer. Wie werden sich Städte und Kommunen, aber auch die Nutzer, anders aufstellen um für die Bedarfe der Zukunft attraktiv zu sein und sich das Label „funktioniert“ zu erarbeiten?  

Es wird wieder ein mehr an Nachbarschaft brauchen und damit einhergehend Akzeptanz. Akzeptanz für die jeweiligen Bedarfe des anderen. Logistische Prozesse so organisieren, dass man nebenan schlafen kann. Öffentliche Verkehrsmittel nutzen, damit andere Wege schnell befahren werden können um zu liefern. Sicherheit da gewährleisten, wo Menschen, die sich nicht direkt verbunden fühlen, einkehren. Doch wie entsteht der Markt für die Distrikte der Zukunft? Wird es Marktplätze geben auf denen sich die Gemeinschaft vor dem entstehen oder dem Einzug abstimmt? All diese Dinge haben wir diskutiert und es gibt Lösungen zum Finden der richtigen Adresse an Orten wo der Straßenname nicht reicht. Software, die das reale digital erlebbar macht. Die Versorgung mit gesundem Wasser wurde als zentraler Punkt diskutiert und nicht letztendlich das spielerische Erreichen der Kunden eines Distrikts in Form einer App vorgestellt. Diese Gedanken wurden von allen Beteiligten, darunter zukunftsgerichtete Projektentwickler und Standortverantwortliche, als Takeaway für eine bessere Zukunft mitgenommen. Eine Stunde die zusätzliches Licht ins Helle brachte.

Rethink Building Design

Ann-Katrin Enz | Gabriele Renner, pervormance international GmbH | Vicente Raurich, Condecta | Jürgen Keitel, Dassault Systèmes

Wie muss sich das Gebäude der Zukunft verändern und welchen Beitrag leisten dabei Technologien und Bauverfahren?

Die von der DESIGNING THE FUTURE Initiative moderierte Vertiefungssession, erörterte den Dreiklang aus Digitalisierung, Modularisierung bis hin zur innovativen Produktentwicklung.

Die Herausforderung, welche in der Bau- und Immobilienwirtschaft heute noch besteht ist, dass jedes Gewerk eigenständig plant und oft auch gegeneinander. Es muss ein neues Miteinander generiert werden, um gemeinsam, effektiv und effizient ein Gebäude zu errichten.

Dabei müssen im Punkt Digitalisierung Daten in der Bau- und Immobilienbranche neu gedacht werden, denn diese können genutzt werden, um die Konstruktion, das Design oder auch den ganzen Prozess zu optimieren. So sollte zum Beispiel ein virtueller Zwilling nicht nur in der Konstruktionsphase verwendet werden, sondern über den ganzen Lebenszyklus eine Gebäudes hinweg. Zudem ist das Bewusstsein für modulares Bauen bei vielen Bauherren noch nicht angekommen. Viele denken dabei noch an Containerbau statt an Gebäude mit Designqualität. Jedoch wenn man modular plant, denkt man auch modular, dabei kann ein modulares Gebäude sich besser den Bedarfen der einzelnen anpassen und ist somit auch besser umnutzbar. Des Weiteren bedarf es an gesünderen Materialien und Textilien in der Bau- und Immobilienbranche, die dem Nutzer gut tun und zu seiner Gesundheit beitragen. Beginnend bei der Kühlung. Muss immer ein ganzer Raum gekühlt werden, wenn eigentlich nur der Mensch gekühlt werden muss. Kühlende Textilien, die z.B. in den Raum integriert sind, können dabei unterstützen und tragen zeitgleich zu einer Energiereduktion bei.

Future Impuls

Prof. Dr. Chirine Etezadzadeh, Gründerin und Leiterin des SmartCity.institute

Prof. Dr. Chirine Etezadzadeh leitete den letzten Teil der Veranstaltung am Nachmittag mit ihrer Keynote zum Thema „Urban Future – Skizze einer lebenswerten Stadt“ ein. Dabei betonte sie, dass Harmonie ein bedeutender Faktor für Städte und Gemeinden sei. Im Einklang mit dem Umfeld zu leben stärke auch die Gemeinschaft, sodass diese resilienter werde. Sichere Städte sind eine Voraussetzung für Resilienz, die wiederrum Nachhaltigkeit erfordern. Entscheidend sind auch smarte Infrastrukturen mit effektiven und komfortablen Mobilitätslösungen. Des Weiteren realisiert eine sichere Stadt intersektoral auch die Prozesse einer Kreislaufwirtschaft. Auch die regionale und lokale Produktion spielen dabei eine große Rolle, damit die Konsumenten nachhaltiger und unabhängiger versorgt werden. Durch Vielfalt und kulturelle Reflektion entstehen lebendige Innenstädte, die die Lebensqualität steigern können. Für den Rahmen einer Smart City erfordert es aber auch einen funktionierenden, digitalisierten und leistungsfähigen Verwaltungsapparat.

Paneldiskussion „Urban Future“

Prof. Dr. Chirine Etezadzadeh, Smartcity.institute | Dr. Andreas Kleinau, HafenCity GmbH | Carsten Poralla, EnBW | Dr. Anna-Vera Deinhammer, Circular Economy Forum Austria | Dr. Angelus Bernreuther, Kaufland

In der abschließenden Paneldiskussion mit Prof. Dr. Chirine Etezadzadeh , Carsten Poralla, Dr. Andreas Kleinau, Dr. Angelus Bernreuther und Anna Vera Deinhammer wurde über die Zutaten der urbanen Entwicklung im Kontext der gesellschaftlichen Herausforderungen diskutiert. Insbesondere in der aktuellen Gas- und Energiekrise rückt der sparsame Umgang mit Ressourcen nicht nur bei den Privathaushalten, sondern auch in der Industrie immer weiter in den Fokus. So gewinnen alternative Energieressourcen und neue Baumaterialien immer weiter an Bedeutung. Besonders in Bestandsimmobilien steckt viel Potenzial um die Energieeffizienz zu steigern, diese ist ein wichtiger Bestandteil der Stadt der Zukunft. Die Kreislaufansätze müssen skalierbar sowie industriell anwendbar sein, dazu muss die Industrie ganzheitliche Lösungen entwickeln und ihre Zulieferer mit in die Zirkularität einbinden. Aufgrund dessen wird nicht nur ein Optimierungsgedanken, sondern vor allem das „Out of the Box „Denken, sowie die Vernetzung von verschiedensten Akteuren benötigt. Der Staat muss rechtliche Rahmen schaffen um solche Entwicklungen zu ermöglichen, dafür sind Dynamik und Flexibilität unerlässlich. Um Europas Zukunft zu sichern ist der Zusammenhalt daher ausschlaggebend.

Sie haben Anregungen oder Fragen? Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

Wir freuen uns, Sie auch wieder bei der nächsten Themenreise begrüßen zu dürfen.