Immobilien der Zukunft
Die Zukunft ist so nah. Könnte man meinen. Doch das Gegenteil bekommen viele zu spüren, die gern ein Elektrofahrzeug fahren würden.
Anreize gibt’s genug: Wer sich ein E-Auto zulegt, erhält 4000 Euro Kaufprämie und ist für zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Und schon bald ist auch das Strom-Tanken unterwegs einfacher: Allerorten wird der Ausbau für ein öffentliches Ladenetz vorangetrieben. Nur zu Hause, in der eigenen Garage, da geht nichts.
Mobilität der Zukunft? Gefangen im Streit der Interessen
„Hans L. aus München darf sein Elektroauto nicht in der Tiefgarage laden“, so und ähnlich lauten die Schlagzeilen über Gerichtsurteile im Streit zwischen Hausbesitzern und Mietern oder wahlweise zwischen Wohnungseignern. Manchmal hakt es einfach am Wohlwollen der Mitmenschen bei der Installation einer Ladestation. Genauer hingeschaut ist es natürlich komplizierter, denn auch die Abrechnung muss stimmen und die Haftung im Fall von Schäden ist klar zu regeln.
Verschiedene Gesetzesentwürfe, die diese Hürden beiseite räumen könnten – dass also Ladestationen auch gegen den Willen der Miteigentümer eingerichtet werden dürfen – sind in Beratung. Aber noch kann der E-affine Autofahrer sich darauf nicht berufen. Besitzer von Anlageimmobilien haben es Rechtlich gesehen natürlich einfacher.
„Rein technisch gesehen ist die Installation einer Ladestation meistens kein Problem“, weiß Ralf Wagner, E-Mobility-Experte bei Drees & Sommer. Es empfiehlt sich eine Wandladestation (Wallbox), angeschlossen auf den Zähler des Stellplatzbesitzers, um die Zuordnung der Kosten auf den Verbraucher zu haben. Die Ladestation sichert die Verbindung zum Fahrzeug und hat eine eigene Absicherung. „Die Installation ist machbar, erfordert allerdings etwas Planung, denn die Leitung führt oft durch mehrere Brandabschnitte und es muss erst ein Weg für die Leitung geschaffen werden,“ beschreibt Wagner das Vorgehen.
Im Bestand ist’s komplex
Die Schwierigkeiten kommen, wenn mehr Parteien in einem Bestandsgebäude ein Elektrofahrzeug fahren wollen. Hausanschlüssen sind in der Leistung knapp bemessen, rechnete man doch nicht damit, dass alle gleichzeitig kochen, backen oder Wäsche waschen. Die Ladung eines Elektrofahrzeuges ist eine ganz andere Nummer – der Fachmann nennt es „Dauerlast über einige Stunden“. E-Autos sind bisher in den Richtwerten von Hausanschlüssen nicht enthalten. „Es ist machbar aber etwas komplizierter,“ kommentiert der Ralf Wagner.
Viel einfacher sind die Möglichkeiten bei Neubauten. „Für die Wohnungswirtschaft sehe ich da die größte Aufgabe,“ so Wagner. „Wir bauen Häuser für 40 Jahre und mehr, bis dahin ist sicher mit einer durchgehenden Elektrifizierung der Antriebe zu rechnen.“ Auch die EU hat den Bedarf erkannt und möchte Ladestationen in Gebäuden fördern. Sehr kurz zusammengefasst: Laut Entwurf sollen Lademöglichkeiten oder zumindest Vorverkabelungen in neuen Gebäuden mit mehr als zehn Parkplätzen ab 2025 Pflicht werden. Deutschland hält dagegen: Viel zu dringend würden neue Wohnungen gebraucht; eine solche „Kostenexplosion“ im Wohnungsbau könne man sich zurzeit nicht leisten. Leerrohre tun es fürs Erste auch, bietet die Bundesregierung als Kompromiss an.
Immobilien der Zukunft: Einstieg nicht verpassen
Man kann das aussitzen und schauen, was kommt. Viel ratsamer wäre es aber, wenn die Wohnungswirtschaft früh agiert und Ladeplätze für alle Wohneinheiten ermöglicht. „Wir arbeiten bereits an Ladeinfrastruktur-Konzepten für Mehrfamilienhäuser und Neubausiedlungen,“ verrät Ralf Wagner, „die Nachfrage zieht an.“
Ein Ladeanschluss zur Wohnung könnte schon sehr bald ein wichtiges Verkaufsargument sein. Und so werden Bauherren und Investoren wichtige Akteure der Energiewende. Planer und Entscheider müssen die Elektromobilität im Blick haben. Denn der Wert von Immobilien wird auch davon abhängen, ob sie in das Konzept von Elektromobilität passen. Und andersherum: Ohne innovative Immobilien kann Elektromobilität der Zukunft nicht richtig in Fahrt kommen.