Was tun gegen Wasserknappheit?
Wassermangel ist längst kein exklusives Problem von Gebieten mit historisch gesehen hohen Temperaturen und niedrigen Niederschlägen mehr. Auch in Deutschland sinken die Grundwasserpegel, langanhaltende Dürreperioden belasten viele Lebens- und Umweltbereiche. Unsere Expert:innen im Bereich Wasser denken über Lösungen nach – und sind bei Leuchtturmprojekten dabei.
Rund 50 Billionen Liter Wasser fasst der Bodensee. Das entspricht in etwa dem jährlichen Wasserverbrauch von einer Milliarde Single-Haushalten oder dem Inhalt von rund 400 Milliarden Badewannen. 50 Billionen Liter Süßwasser – so viel hat Deutschland Auswertungen von Satelliten-Aufnahmen zufolge innerhalb von zwei Jahrzehnten verloren (Quelle: ZDF).
Wer an Wasserknappheit denkt, denkt in der Regel nicht an Deutschland, zumindest nicht als Erstes. Und doch sind auch wir davon betroffen und getroffen. Es ist eine direkte Folge der globalen Erwärmung und von Extrem-Wetterereignissen. Lange Dürreperioden bedrohen (genau wie durch Starkregen hervorgerufene Überflutungen) die Wasserinfrastruktur. Das Grundwasservorkommen geht zurück – und das ist eine schlechte Nachricht. Denn laut Bundesumweltamt wird 70 Prozent des deutschen Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen.
Auswirkungen der Wasserknappheit in Deutschland
- Sinkt das Grundwasser, können Risse an Gebäude entstehen, da sich das Erdreich zusammenzieht.
- Im von Dürre besonders betroffenen Sachsen-Anhalt trockneten 2022 Löschwasserteiche der Feuerwehr aus.
- Einige Städte und Kreise haben die Entnahme von Grundwasser beispielsweise zum Gießen während Dürrephasen zeitweise verboten. Der Wasserverband Strausberg-Erkner in Brandenburg deckelte in neuen Verträgen den jährlichen Verbrauch und drohte Strafzahlungen bei Überschreitung an.
- Der BUND thematisiert die Folgen von Niedrigwasser in Flüssen für die Binnenschifffahrt, die dadurch zum Erliegen kommen kann – und mit ihr der Lieferverkehr, was zu Engpässen führen kann.
- Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass Trockenheit und Ernteausfälle in vom Menschen kultivierten Böden „in aller Regel zu hohen Nährstoffüberschüssen von Stickstoff und Phosphor führen“.
Vorausschauendes und vorsorgendes Handeln gegen Wasserknappheit
Die deutsche Bundesregierung hat in einer Mitte März 2023 vom Kabinett verabschiedeten Nationalen Wasserstrategie zehn strategische Themen zu „Herausforderungen, Vision und Transformation zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft“ und ein Aktionsprogramm mit Maßnahmen bis 2030 vorgestellt. In dem Papier heißt es unter anderem: „Der beste Umgang mit Nutzungskonflikten ist, sie durch vorausschauendes und vorsorgendes Handeln möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen bzw. sie zu minimieren.“
Vorausschauend und vorsorgend zu handeln, heißt für unser Fachteam aus dem Kompetenzbereich Wasser in erster Linie, Quartiere anders zu planen – und zwar so, dass sogenannte Schwammstädte entstehen. Deren wichtigster Bestandteil sind großflächige Begrünungen, die eine Versickerung zulassen. Ziel ist es, mit Regenwasser effizienter umzugehen. Das neue Wohngebiet der Stadt Hildesheim namens Wasserkamp ist beispielsweise nach diesem Prinzip angelegt.
Auch in Berlin entsteht gerade ein nachhaltiges Quartier mit 900 Wohnungen der STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft mbH mit einem vielseitigen Entwässerungskonzept. Neben einer CO₂-neutralen Wärmeversorgung wurde ein innovatives Regenwassermanagement für ein abflussloses Quartier konzipiert. Beispielsweise beinhaltet die Planung eine vielseitige Kombination von Elementen wie Tiefbeeten, Mulden und Baumrigolen, ergänzt durch großflächige Versickerungsmöglichkeiten im angrenzenden Landschaftspark.
Auch beim Wasser in Kreisläufen denken
Die Ideen dahinter sind nicht neu, schon bei der Neugestaltung des Potsdamer Platzes in Berlin in den 1990er-Jahren kamen unterirdische Zisternen mit einem komplett vom städtischen Regenwassersystem abgekoppelten System zum Einsatz.
Und doch reicht es Philipp Alber, bei Drees & Sommer Experte für integriertes Wassermanagement, zufolge nicht aus, das technisch längst Mögliche zu nutzen. Auch im Wassersparen sieht er nicht der Weisheit letzter Schluss. Er fordert ein stärkeres Kreislaufdenken beim Wasser.
PHILIPP ALBER: „Solange wir Wasser rein verbrauchen, statt es immer wieder zu gebrauchen, wird es uns nicht gelingen, gegen den Wassermangel anzugehen. Was ich damit meine: Ein Gebäude zum Beispiel, das statt schmutzigem Abwasser sauberes Trinkwasser produziert, ist die Richtung, in die wir denken müssen.“
Was es braucht, um Wasserkreisläufe in Gebäuden möglich zu machen? Getrennte Leitungen für Regen- und Trinkwasser zum einen. Und zum anderen: das viel beschworene Umdenken, auch im Hinblick auf Regularien und Fördermaßnahmen. Denn noch sind doppelte Leitungsführungen sowohl im Neubau als auch bei Sanierungen im Bestand zu teuer.
Allerdings: die Kosten des Nicht-Handelns wären langfristig gesehen gesamtgesellschaftlich und gesamtwirtschaftlich weitaus höher. Grund genug, aktiv zu werden – und der Wasserknappheit entgegenzuwirken.