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Blogbeitrag 26 / 11 / 2024
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Chancen für Immobilien, Energieversorgung und kritische Infrastruktur

Bestand auf Stand bringen

Unsere gebaute Umwelt von morgen ist größtenteils bereits vorhanden. Doch nicht alles davon befindet sich in einem zukunftsfähigen Zustand. Für Gebäude in Innenstädten, die Energieversorgung und die kritische Infrastruktur ist es an der Zeit, eine neue Ära einzuläuten. Nach dem Vorbild der Renaissance gilt es, alte Werte wiederzuentdecken und zeitgemäß zu interpretieren.  

Auf der Expo Real in München haben wir Branchenexpertinnen und -experten gebeten, den Markt und die aktuellen Anforderungen zu bewerten – und Erfolgsbeispiele zu teilen. Erfahren Sie mehr über Distressed Assets, wiederbelebte Innenstädte, Energieversorgung und kritische Infrastruktur.

Leerstand in Innenstädten

Wer durch die Einkaufsstraße einer mittleren oder kleineren Stadt schlendert, sieht sie sofort: leergeräumte oder mit Pappe abgehängte Schaufenster, häufig mit der Telefonnummer eines Maklerbüros versehen. Leerstand in Innenstadt- und Stadtteillagen hat meist mehrere Gründe: Das Plus im E-Commerce geht auf Kosten des stationären Handels. Mehr Homeoffice reduziert die Nachfrage nach Büroflächen. Und viele ältere Gebäude erfüllen nicht mehr die aktuellen Anforderungen an Nutzerkomfort und Energieeffizienz.

Diese Gebäude sind Distressed Assets, also Immobilien, die unter Druck stehen. Sie laufen Gefahr, auch auf lange Sicht keine neuen Nutzer – und damit auch keine Investoren – zu finden.

Initiative entwickelt Ideen für Distressed Assets

Was tun? Eine Arbeitsgruppe des Institute for Corporate Governance in the German Real Estate Industry hat dazu einen Leitfaden entwickelt. Dieser benennt Handlungsfelder und macht Vorschläge, wie Investoren und Stadtentwickler mit Distressed Assets umgehen können. Denn es kommt auf die Perspektive an: Distressed Assets stehen zwar unter Zugzwang. Doch es sind auch Assets withOpportunities – vorausgesetzt man kennt und nutzt die Möglichkeiten, die sie bieten, weiß Henric Hahr von Real Blue.

Gemischte Nutzung und eine Investition in die Zukunft

Für ihre Innenstädte wünschen sich viele Menschen belebte Orte, wo Wohnen, Arbeiten, Einzelhandel und andere Nutzungsformen harmonisch nebeneinander und miteinander bestehen. Unser CEO Steffen Szeidl erinnert an die Vergangenheit: „Die Städte, die uns gefallen, wurden im Mittelalter gebaut.“ Handel, Handwerk und Wohnen bildeten damals eine Einheit – „da müssen wir wieder hinkommen“, findet er. Gleichzeitig appelliert Steffen Szeidl an Bestandshalter, Verantwortung zu übernehmen. Statt nur um die Rendite gehe es um die Zukunftsfähigkeit des Bestands.

Sven Carstensen, Vorstand von Bulwiengesa, schlägt vor, Stadtbibliotheken oder andere öffentliche Einrichtungen wieder vermehrt in die Innenstädte zu holen. Auch in Stadtteillagen könne eine neue Mischung aus öffentlicher Nutzung, Büro, Wohnen und Einzelhandel für Belebung sorgen.

Markt fächert sich weiter auf

Britta Slater, CCO von BNP Paribas Real Estate Investment Management, stellt fest, dass sich der Markt immer weiter differenziert: Vor zwanzig Jahren habe man zwischen drei Assetklassen unterschieden: Wohnen, Büro, Einzelhandel. Hinzugekommen seien nun weitere Segmente wie Hotel oder Gesundheitsimmobilien. Neue Nutzungsarten und Ideen böten spannende Chancen für Investoren.

Sozial nachhaltig heißt wertstabil

ESG steht bekanntlich für ökologisch und sozial nachhaltige Unternehmensführung. „Immobilien sind langfristig nur tragfähig, wenn man auch das S und das G berücksichtigt“, bekräftigt Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende des Institut für Corporate Governance ICG. Energieeffizienz und Biodiversität seien demnach ebenso wichtig wie das Gestalten des Umfelds, etwa durch durchmischte Quartiere.

Brigitte Adam, geschäftsführende Gesellschafterin ENA Experts, rechnet damit, dass neue Nutzungskonzepte und Quartiere Teil der Renditeziele werden. Letztlich entscheide der Markt. „Immobilienbewerter simulieren den Markt nur”, gibt sie zu bedenken. Auch wenn sich soziale Nachhaltigkeit schwer in ein Ranking fassen lasse, so seien gesellschaftlich sinnvolle Assets resilienter und letztlich wertstabiler. Davon ist Manuel Ehlers von der Triodos Bank überzeugt.

Drei Praxisbeispiele in Frankfurt, Recklinghausen und Herne

Wie eine Innenstadtbelebung in der Realität funktioniert, erklären die Projektbeteiligten am besten selbst. Erfahren Sie mehr über das Midstad Frankfurt, das MarktQuartier in Recklinghausen und Neue Höfe in Herne:

Neue Anforderungen an kritische Infrastruktur

Vor physischen Angriffen und Cyber-Attacken geschützt sein – das gilt es vor allem für kritische Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung oder Krankenhäuser zu gewährleisten. Doch letztlich geht Sicherheit alle Unternehmen etwas an. Das KRITIS-Dachgesetz schuf den aktuellen Anlass und machte den Dauerbrenner Sicherheit auf der Expo Real zu einem Top-Thema. Unser Vorstand Dierk Mutschler und Senior Manager Silvio Buchholz geben einen Überblick:

Das neue KRITIS-Dachgesetz zielt darauf ab, die physische Sicherheit und die Resilienz von kritischen Infrastrukturen und Anlagen zu verbessern. Betroffen sind Akteure aus den Sektoren Energie, Transport und Verkehr, Wasser, Finanz- und Versicherungswesen, Ernährung, Medien und Kultur, Staat und Verwaltung, Gesundheit sowie Informationstechnik und Telekommunikation. Die neue Regelung verpflichtet Betreiber kritischer Infrastrukturen und Anlagen, umfassende Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren und diese kontinuierlich zu überwachen.

  

Erneuerbare Energien im Bestand

Viele Bestandsgebäude beziehen ihre Energie nach wie vor aus fossilen Energieträgern. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, das zu verändern – in Richtung einer Versorgung aus erneuerbaren Energien. „So können wir im Bestand auf vorhandene Technologien wie Wärmepumpen zurückgreifen und darüber erneuerbare Energien ins System einspielen”, erklärt unser Energie-Experte Leonardo Estrada: 

Neben einem besseren Wärmeschutz sind erneuerbare Energieträger ein wesentlicher Hebel, um Bestandsgebäude energetisch zu sanieren. Je nach Ausgangssituation ist ein Energiekonzept gefragt, das verschiedene Komponenten wie Wasserkraft, Photovoltaik oder auch Abwasserwärme sinnvoll miteinander kombiniert.

Fazit: Ob Innenstädte, kritische Infrastruktur oder Energieversorgung – der Bestand bietet viele Möglichkeiten, die Zukunft lebenswerter zu gestalten.