WELL-BEING IM OPEN SPACE
PRÄVENTIONSORIENTIERTE GESTALTUNG VON NEUEN ARBEITSWELTEN
Immer mehr Menschen arbeiten in offenen Bürostrukturen ohne ein eigenes Büro oder einen festen Arbeitsplatz. Dafür stehen ihnen eine Vielzahl an Arbeitsorten zur Verfügung - beispielsweise Teamarbeitsplätze, Räume für den informellen Austausch, ruhige Rückzugsräume oder ein offener Arbeitsbereich. Gegner von Open Space Büros argumentieren, dass diese Büro-Form Stress bei den Mitarbeitenden verursacht, beispielsweise aufgrund erhöhter Lautstärke und geringer Privatsphäre. Doch ist das tatsächlich so? Wie werden Open Space Büros von Mitarbeitenden wahrgenommen? Was braucht es, damit man sich im Open Space Büro wohlfühlt? Und welche Ansätze lassen sich für die Einführung eines Open Space Büros daraus ableiten?
Dies waren die Kernfragen des transdisziplinären Forschungsprojekts „PräGeWelt – Präventionsorientierte Gestaltung neuer (Open Space) Arbeitswelten“. Drei Jahre (2016-2019) arbeitete Drees & Sommer im Verbund mit dem Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. (ISF), der Universität Freiburg und AECOM München, um Antworten für Forschung und Praxis zu finden. Dafür wurden bestehende Formen von offenen Arbeitsumgebungen, das Zusammenspiel von Organisation, Raum und Arbeit, die Bedeutung von Handlungsspielräumen und Orientierung der Beschäftigten sowie betriebliche Leistungspolitik und Arbeitsorganisation untersucht.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm 'Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen' gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.
EMPIRISCHE BASIS
Trendanalyse // 18 Unternehmen, Experteninterviews, Online-Befragung
Fallstudien // 8 Unternehmen, Online-Befragung, Interviews, Beobachtungen
Praxisansätze // 5 Unternehmen; Entwicklung, Erprobung und Evaluation von Leitlinien und Tools
Durch die Erforschung unterschiedlicher Open Space Büros, die Auswertung von Fachliteratur sowie durch die langjährige Erfahrung der Praxispartner Drees & Sommer und AECOM hat sich gezeigt, dass Wohlbefinden im Open Space nur ganzheitlich funktionieren kann. Die Ebenen Organisation, Team (bzw. Open Space Nutzergemeinschaft) und Individuum müssen, neben der Architektur, bei der Gestaltung gesundheitsförderlicher Open Space Büros integrativ berücksichtigt werden.
WISSENSCHAFTLICH FUNDIERTE LEITLINIEN FÜR DIE PRAXIS
Leitlinie 01 // Open Space ist ein Prozess
Die PräGeWelt Forschung zeigte, dass Open Space mehr ist als ein Raumkonzept: Es ist ein dynamisches Organisationskonzept, das einer kontinuierlichen Auseinandersetzung bedarf. Raum und Unternehmenskultur müssen gleichwertig flexibel sein und zueinander passen, damit sich alle wohlfühlen. Das bedeutet in der Praxis, mit der Einführung des Open Space auch Themen wie Führungskultur oder Home-Office anzusprechen. Die Begleitung der Nutzerinnen und Nutzern sollte zudem nicht mit dem Umzug in neu gestaltete Räume enden, sondern darüber hinaus fortgesetzt werden. Der Wandel der Unternehmenskultur dauert meist länger als der Neubau eines Open Space Büros.
Leitlinie 02 // Open Space ist ein Spannungsfeld
Die Ergebnisse des Projekts PräGeWelt zeigen: Es gibt im Open Space ein Spannungsfeld zwischen Konzentration und Kooperation, Vertraulichkeit und Offenheit sowie Individualität und Flexibilität. Die Spannungsfelder lassen sich nicht auflösen, sondern nur ausbalancieren. Ihre Bearbeitung ist aber wichtig und muss Thema bleiben, damit sich die gesamte Nutzerschaft wohlfühlt. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, auch nach dem Umzug an Regeln für die gemeinsame Nutzung des Open Space zu arbeiten. Das Workshop-Tool "Balanceakt open Space" (siehe unten) bietet hier einen guten Anknüpfungspunkt.
Leitlinie 03 // Open Space muss man lernen, können und tun
„Suche dir den Raum, der zu deiner Tätigkeit passt“, so die Idee hinter der Nutzung von Open Space Büros. Doch PräGeWelt zeigt, wer über lange Zeit alle Aufgaben an ein und demselben Ort erledigt hat, tut sich oft schwer mit der flexiblen Raumnutzung. Das Individuum muss lernen, mit dem neuen Raum umzugehen und sich Schritt für Schritt eine neue Raumpraxis aneignen. Denn nur wenn der Open Space tatsächlich genutzt wird, kann er auch sein Potential entfalten. Workspace Coaching kann helfen, nach dem Umzug die richtigen Anstöße zu geben, damit alle den Raum nach eigenen Bedürfnissen gut für sich nutzen können. Die Toolbox "Selbstreflexion im Open Space" (siehe unten) bietet hierfür methodische Lösungen an.
Projektbroschüren zum Download
Kratzer, Nick (Hrsg.) (2020): Open Space. Besser machen. Eine Praxisbroschüre des Projekts PräGeWelt - "Präventionsorientierte Gestaltung neuer Open-Space-Arbeitswelten". Mit einem Nachwort zum betrieblichen Büro in der Corona-Krise.
München. ISF München.
Kratzer, Nick (Hrsg.) (2017): Open Space. Oder Was? Wandel der Büroarbeitswelt.
München. ISF München.
TOOLS UND WORKSHOPS
Doch was heißen diese Leitlinien konkret? Wie können bei der Nutzung von Open Space Flächen die unterschiedlichen Ziele, die mit der offenen Fläche verbunden sind, gut ausbalanciert werden? Und wie kann auf Ebene des bzw. der Einzelnen flexibles Raumverhalten erlernt werden? Grundsätzlich unterstreichen die PräGeWelt-Ergebnisse die Bedeutung des Change Managements in der Einführung von Open Space Büros. Das Projekt PräGeWelt bietet zwei präventionsorientierte Tools an, welche gut in das Change Management integriert werden können und die sich besonders gut für die Zeit nach dem Umzug eignen. Sie helfen, die neue Arbeitsweise zu stabilisieren und Probleme und Stressfaktoren aus dem Weg zu räumen.
Workshop für die Nutzergemeinschaft "Balanceakt Open Space"
In einem Workshop wird gemeinschaftlich die Zufriedenheit mit der gegenwärtigen Raumnutzung evaluiert und Lösungen für das kollektive Wohlbefinden erarbeitet.
Zum Download
Workspace Coaching für das Individuum: Toolbox "Selbstreflexion im Open Space"
Die Toolbox „Selbstreflexion im Open Space“ kann helfen, wenn Mitarbeitende Probleme haben den neuen Arbeitsstil für sich anzunehmen oder sie allgemein durch die neue Situation verunsichert sind und sich unwohl fühlen. Die Toolbox besteht aus drei Bausteinen. Im Baustein 1 hinterfragen die Teilnehmenden ihre eigene Raumnutzung und identifizieren Ressourcen wie auch Stolpersteine für ihr eigenes Wohlbefinden anhand einer selbst erstellten „Landkarte“ der eigenen Arbeitsumgebung. Erfolgreiche Strategien und Ziele für die bessere Raumnutzung und das Wohlbefinden werden individuell formuliert und festgehalten. Die weiteren Bausteine dienen der Stabilisierung der Verhaltensweisen und fokussieren sich noch stärker auf das Thema Wohlbefinden und Stressbewältigung. Sie eignen sich daher insbesondere für das betriebliche Gesundheitsmanagement.
Zum Download
In unserer Forschungs- und Beratungspraxis hat sich zudem gezeigt, dass User Experience (UX)-Methoden Unternehmen helfen, die relevanten Faktoren für Wohlbefinden und erfolgreiche Raumnutzung frühzeitig zu identifizieren. Folgende Formate haben sich in unseren Projekten gut bewährt:
"Well-being Workshop": Kontextspezfische Faktoren für Well-being in der eigenen Organisation identifzieren und nutzen
Im Team erarbeiten Führungskräfte, an welcher Stelle die neue Arbeitsumgebung das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv wie auch negativ beeinflussen könnte. Die Teilnehmenden leiten zielgerichtet strategische Maßnahmen ab.
"Empathic observation": Ein Analysetool für das bessere Arbeiten auf flexiblen Flächen
Ein Tool, welches das bestehende Arbeitsplatzkonzept aus der Sicht der Nutzerinnen und Nutzer analysiert. Die Ergebnisse schaffen konkrete Verbesserungsvorschläge für die Raumgestaltung und helfen, Hindernisse in der Raumnutzung abzubauen.
Gerne beraten wir Sie zum Thema "Wohlbefinden im Open Space" und stehen Ihnen mit einem interdisziplinären Team aus Wirtschaftspsychologen, Architekten und Interior Designern zur Verfügung.
MEHR ZUM THEMA NEW WORK IM OPEN SPACE
Das Projekt PräGeWelt gehört zum BMBF-Förderschwerpunkt "Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen" gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Mehr Informationen finden sich direkt auf der Website des Projekts www.praegewelt.de sowie auf der Online-Plattform “Maßnahmen und Empfehlungen für die gesunde Arbeit von morgen – MEgA” https://gesundearbeit-mega.de.
FACTS
Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Projektbetreuung
Projektträger Karlsruhe, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung München e.V. - ISF München
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Arbeitsgruppe Wirtschaftspsychologie am Institut für Psychologie
München AECOM Deutschland GmbH, München
Laufzeit
01.01.2016-31.07.2019
Leistungen
Praxispartner
Entwicklung Reflexionstool
Grafisches Erscheinungsbild des Projekts
Fotos Office Kistlerhofstraße 70
Peter Neusser